Ortsteil Arzdorf Der Lehrer Welsch ist unvergessen

ARZDORF · Alt- trifft Neubürger: Arzdorf hat den Wandel der Zeit äußerlich kaum verändert überstanden. Wenn jemand aus dem westfälischen Gronau gezielt nach Arzdorf umzieht, weil es dort so schön ist, dann kann der Begriff der Wahlheimat kaum besser treffen.

Erinnerung an die Basaltsteinbrüche: Ludwig Velten (links) und Dieter Klocke an der Lore auf dem Dorfplatz.

Erinnerung an die Basaltsteinbrüche: Ludwig Velten (links) und Dieter Klocke an der Lore auf dem Dorfplatz.

Foto: Ronald Friese

Dieter Klocke hat das so gemacht. Seit 1994 tummelt er sich im Dorf- und Vereinsleben und hat inzwischen sogar ein Buch über den Ort geschrieben.

Nun begleitet er uns bei unserem Rundgang. Mit dabei ist auch Ludwig Velten, eine Institution im Dorf. Wie schon sein Vater, der ebenfalls Ludwig hieß und einst Bürgermeister des damals noch eigenständigen Arzdorf war.

"Hier packen alle mit an", schwärmt Dieter Klocke von dem Gemeinschaftsgeist, der den Ort durchwehe. Ob nun eine Goldhochzeit vorzubereiten oder Arbeiten zu erledigen sind, jedes Mal findet sich laut Klocke eine ausreichende Zahl an Helfern, die dann auch auf die verdiente externe Unterstützung zählen könnten.

So wie bei der Neugestaltung des Dorfplatzes, als die Gemeinde hierfür das Material beisteuerte, aus dem dann von den Männern ein ansehnlicher Aufenthaltsort geschaffen wurde. "Bei solchem Engagement macht es einfach Spaß mitzumachen".

Doch nicht nur hinsichtlich des Zusammenhalts, auch baulich konnte Arzdorf seinen dörflichen Charakter bis heute erhalten. Die "Anbauten" sind überschaubar geblieben. Zuletzt ergänzte die "Lego-Siedlung" den Ort. Der liebevolle Spitzname hängt mit den farbenfrohen Fassaden einiger Häuser zusammen. Schon in den 80er Jahren war das "Lackschuhviertel" mit einem Dutzend Häuser entstanden.

Verändert hat sich jedoch eher der Alltag: "Vor dem Krieg gab es fünf Gastwirtschaften, was vor allem an den damals aktiven Steinbrüchen lag, die sich ringsum befanden", erzählt Ludwig Velten. Damals lebte auch der wohl berühmteste Sohn des Ortes noch: der Lehrer Welsch.

Wie auch immer er im Karnevalslied von der "Kayjass'" beschrieben wird: Lehrer Heinrich Welsch war ein in höchstem Maße sozial engagierter Mann, der als Pädagoge die Bildung von Arbeiterkindern in Köln zu seinem Lebenswerk machte. Hier in Arzdorf steht das Haus, in dem er 1848 geboren wurde. Und im Bürgersaal sind er und seine Frau Katharina Zentner auf alten Schwarz-Weiß-Fotos verewigt.

Etwas in Vergessenheit geraten ist hingegen ihr Namensvetter Johann Baptist Welsch, der - ebenfalls aus Arzdorf stammend - im frühen 20. Jahrhundert als Travestiekünstler in der Kölner Schwulenszene bekannt wurde und später ins KZ Mauthausen gebracht wurde, wo er 1943 starb.

Noch immer ist der Nachname Welsch in Arzdorf verbreitet. Heute sind es vor allem Aloysia Welsch und ihre Tochter Bianca, die ihn auch überregional hochhalten: Ihr Hof ist vielen in der deutschen Reitszene ein Begriff. Neben der Pferdewirtschaft und einer Reihe von Landwirten hält sich die Zahl der Gewerbebetriebe in Grenzen.

Eine Schlosserei gibt es, und noch ein Unternehmen für Treppenbauten, für die Arzdorf früher bekannt war. Auch Grundschule und Kindergarten sucht man im Ort heute vergeblich. Traditionell bestehen enge Bande zu den Nachbarn aus Fritzdorf, wo sich auch der nächste Kindergarten befindet. Mit Fritzdorf hat auch der einzige Verbesserungsvorschlag zu tun, der Dieter Klocke einfällt: "Der Verbindungsweg zwischen beiden Orten muss dringend ausgebaut werden", sagt er. Denn für Radfahrer, darunter viele Kinder, sei der Feldweg unzumutbar.

Alt- oder Neubürger, die Lust haben, ihren Ort vorzustellen, oder auf eine Besonderheit in ihrem Umfeld hinweisen möchten, können sich beim General-Anzeiger unter der Rufnummer 0228/3505210 oder per E-Mail an godesberg@ga.de melden.

Steckbrief Arzdorf

Das aktuell 311 Bewohner zählende Arzdorf ist der drittkleinste Ort Wachtbergs, gehört aber zu den ältesten Siedlungen der Gemeinde. Spürbaren Aufschwung erfuhr das Dorf mit dem Bau der Durchgangsstraße durch die Preußen und die Basaltsteinbrüche ringsum. Für Leben vor Ort sorgen heute der Bürgerverein, der Antoniusverein und die Feuerwehr. Einen Kindergarten gibt es im benachbarten Fritzdorf, für die Grundschulkinder führt der Weg nach Adendorf.

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