Notfälle im ländlichen Raum Der Notarzt kommt aus Luxemburg

KREIS AHRWEILER · Die Notarztversorgung im ländlichen Raum liegt im Argen. "Wir haben eine Abmeldequote von 50 Prozent", sagte Michael Schiffarth gestern. Der Anästhesist ist der einzige Facharzt für Notfallmedizin am Adenauer Sankt Josef Krankenhaus, das wie Maria Hilf in Bad Neuenahr zum Marienhaus-Klinikum gehört.

 Bei der Hilfe durch einen Notarzt kommt es in vielen Fällen auf jede Minute an.

Bei der Hilfe durch einen Notarzt kommt es in vielen Fällen auf jede Minute an.

Foto: dpa

"Abmeldung heißt", erläuterte Schiffarth, "dass dann kein Notarzt für den aktuellen Einsatz zur Verfügung steht." Im Klartext: Bei einer Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft müssten Notärzte 720 Stunden im Monat parat stehen, 320 sind neben der Arbeit im Krankenhaus möglich." Seit 2003 hat sich die Zahl der Einsätze auf jährlich 600 verdoppelt. Mit Schiffarth rücken noch drei weitere Kollegen zu Not- und Unfällen von Altenahr bis Adenau aus. Diese haben jedoch lediglich die Fachkunde für den Rettungsdienst. "5,2 Ärztestellen müssten wir haben, um die 720 Stunden garantieren zu können. Darüber müssen wir mit Behörden und Kostenträgern verhandeln", erläuterte Alfred Pitzen, kaufmännischer Leiter von Sankt Josef. "Das kann aber dauern."

Die Zwischenzeit will Martin Schiffarth aber nicht ungenutzt lassen. "Wenn's schon nicht mit der Quantität klappt, dann muss Qualität her." Dabei baut er auch auf seinen Vater Bernd, Chef des Fördervereins von Sankt Josef und langjähriger Stadtbürgermeister von Adenau. Denn das, was der Notarzt vor hat, kostet Geld.

Er hat ein Konzept, das nach seinen Worten übertragbar auf alle ländlichen Regionen ist und für das auch eine Bewerbung beim Leader-Projekt um Zuschüsse der EU läuft. Dazu gehört unter anderem die Ausstattung des Notarztfahrzeuges mit einem mobilen Ultraschallgerät, um auf dem Weg ins Krankenhaus bereits Diagnosen stellen zu können, um im OP Zeit zu sparen. Bislang ist lediglich der Rettungshubschrauber aus Koblenz mit einem solchen Apparat ausgerüstet. Des Weiteren ist der jeweilige Notarzt mit einem von Schiffarth bestückten IPad ausgerüstet, das vor allem bei der schnellen Diagnose insbesondere bei Kindern notwendige Informationen auf Tastendruck parat hat. All das bedarf der Aus- und Weiterbildung, für die laut Pitzen mit neuen Geräten jährlich 80.000 bis 100.000 Euro aufgebracht werden müssen. Da hofft der Arbeitskreis Notarzt, dem auch Verbandsbürgermeister Guido Nisius und dessen Vorgänger, Hermann-Josef Romes, angehören, auf breite Unterstützung.

"Der Clou" ist jedoch laut Martin Schiffarth, dass sich "das Krankenhaus Sankt Josef langfristig gesehen, seine eigenen Notärzte heranziehen" will. Derzeit sind fünf Medizinstudenten mit Wurzeln in der Eifel im Krankenhaus tätigt, werden auch an den Simulatoren im Rettungswagen ausgebildet. Bernd Schiffarth: "Wir möchten, dass sich mehr Medizinstudenten für die notärztliche Fachausbildung entscheiden, denn da hapert es." Bislang springen Kollegen aus den umliegenden Krankenhäusern Bad Neuenahr, Daun und Mayen ein, wenn es in Adenau eng wird. Per Helikopter kommen Notärzte aus Koblenz, Wittlich, Aachen und Luxemburg. Deshalb will auch Verwaltungsmann Pitzen auf Dauer eigene Lösungen, mit eigenen Leuten. Denn vom Einsatz sogenannter Freelancer, freiberuflich arbeitender Notärzte, hält er nicht viel: "Wenn wir damit 720 Stunden abdecken wollen, kostet uns das auch 300.000 Euro." Geld, das er lieber im eigenen Krankenhaus verwendet sieht.

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