"Der RP entzieht sich in alberner Weise"

BORNHEIM/SWISTTAL · Beim Kampf gegen den Quarzabbau üben Landschaftsschutzvereine und Politik weiter den Schulterschluss. Ehrenmitglied wird der Kölner Regierungspräsident Hans Peter Lindlar bei den Landschaftsschutzvereinen Vorgebirge und Kottenforst mit Sicherheit nicht mehr. Bei einer Bürgerversammlung am Donnerstag in Bornheim-Merten erntete die von Teilnehmern in den Raum geworfene Forderung, er möge nach der Landtagswahl in den Ruhestand gehen, energischen Applaus.

 Von den Schutzvereinen favorisiert: Abbau-Betrieb der Rheinischen Baustoffwerke bei Weilerswist.

Von den Schutzvereinen favorisiert: Abbau-Betrieb der Rheinischen Baustoffwerke bei Weilerswist.

Foto: HENRY

Der Konflikt mit der Bezirksregierung um die Ausweitung des Quarzabbaus in der Region zieht sich nun schon durch die ganze Amtszeit Lindlars, die 2005 begann. Der RP setze Beschlüsse des Regionalrats zum Schutz des Naturparks Rheinland nicht um, lautet der Vorwurf. Er spiele mit seiner zögerlichen Haltung der Bergbauindustrie in die Hände.

Rund 100 Bürger, vorwiegend aus Bornheim und Swisttal, waren der Einladung des Landschaftsschutzvereins Vorgebirge (LSV) gefolgt, um sich auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Nach wie vor geht es um die Ausweisung einer Konzentrationszone für den Abbau von hochreinem weißen Quarzkies im Regionalplan. Der räumt in seiner jetzigen Fassung der Bergbauindustrie keine Erweiterungsmöglichkeiten ein. Der RP hat gegen diese Null-Lösung juristische Bedenken. Tatsächlich befand das Kölner Verwaltungsgericht 2007 nach einer Klage der Rheinbacher Kieswerke, dass der Plan nicht ausreichend abgewogen worden sei. Was aktuell in Buschhoven für Unruhe sorgt, wo der Landschaftsschutzverein Kottenforst die Tagebau-Erweiterung aus Richtung Flerzheim bekämpft.

Nach dem kürzlich rechtskräftig gewordenen Urteil kann sich die Bergbehörde nicht mehr auf den Regionalplan berufen, wenn ihr ein Antrag eines Abbau-Unternehmen auf den Tisch flattert - ein gefährliches Manko, sagen die Landschaftsschutzvereine. Sie beklagen, dass der RP nicht schon längst den Beschluss des Regionalrats vom Juni 2006 umgesetzt hat, im Regionalplan eine Konzentrationszone für den Abbau auszuweisen. Diese, neun Hektar groß, sollte in Weilerswist-Nord liegen. "Es ist unfassbar, wie sich diese Behörde dem Planungsauftrag in so alberner Weise entziehen kann", sagte LSV-Vorsitzender Klaus Fietzek. Die Bezirksregierung hat seitdem andere Gebiete als Konzentrationszone ins Spiel gebracht, den vom Regionalrat abgelehnten Sonnenhof in Bornheim, aber auch ein Gebiet bei Witterschlick. Die dortigen Quarzwerke wollen angrenzend weitere 20 Hektar abgraben.

Vor diesem Hintergrund hat der RP das Verfahren neu aufgerollt und alle in Frage kommenden Standorte vergleichend geprüft, etwa auf die Qualität der Rohstoffe und die Eingriffe in die Landschaft. Weilerswist und Witterschlick sind im Topf, zum großen Unmut der Landschaftsschützer aber auch wieder die noch unversehrten Gebiete am Bornheimer Sonnenhof sowie zwischen Flerzheim und Buschhoven. Das Ergebnis wird dem Regionalrat am 2. Juli vorgelegt, wie eine Sprecherin des RP bestätigte. Warum der Beschluss über Weilerswist-Nord nie umgesetzt wurde - diese Frage des GA blieb gestern unbeantwortet. Dass gerade der Abbau bei Buschhoven und am Sonnenhof, wo Pläne für 30 beziehungsweise 40 Hektar im Raum standen, nicht gewollt ist - das machten die Schutzvereine am Donnerstag deutlich. Ebenso die Landes- und Regionalpolitiker auf dem Podium: "Weilerswist-Nord ist auf Dauer die sinnvollste Lösung", sagte Ilka von Boeselager (CDU), und auch Rudolf Finke (FDP) versprach: "Wir bleiben bei unserer Linie." Achim Tüttenberg (SPD) forderte die Landesregierung auf, den RP zu stoppen. Und Wilhelm Windhuis (Grüne) stellte die Bedarfszahlen des RP in Frage: Nicht 280 000 Tonnen Quarz würden jährlich benötigt, sondern allenfalls 170 000 Tonnen.

Mit neuen Gutachten wollen die Schutzvereine ihre Haltung untermauern. Die Experten Klaus Veerhoff und Karel Mysliveck-Mohr erklärten, dass der Sonnenhof und Flerzheim/Buschhoven als Konzentrationszone ungeeignet seien: Die Qualität des Quarzkieses sei zu vernachlässigen, der Flächenverbrauch hoch. Veerhoff: "Aus geologischer Sicht sind Weilerswist und Witterschlick eindeutig die Spitzenreiter."

Von der Bezirksregierung war am Donnerstag niemand zugegen. Michael Pacyna vom LSV: "Wir haben ihren Vertretern sogar schon freie Terminwahl eingeräumt. Doch sie haben nie Zeit."

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