Derrick aß am liebsten dicke Bohnen mit Speck

Das Ehepaar Kremmin gibt sein Hotel am Voigtstor in Rheinbach auf

  Auf Du und Du mit der Prominenz  standen Christel und Günter Kremmin 36 Jahre lang in ihrem Hotel am Rheinbacher Voigtstor.

Auf Du und Du mit der Prominenz standen Christel und Günter Kremmin 36 Jahre lang in ihrem Hotel am Rheinbacher Voigtstor.

Foto: Henry

Rheinbach. Das Gästebuch dieser beiden Wahl-Rheinbacher ist gespickt mit illustren Namen. Ilja Richter feierte am Tresen von Günter Kremmin. Der Vier-Sterne-General Horst Naumann ließ sich von seinen vier Bodyguards bewachen, wenn er die Schlemmerplatte von Christel Kremmin genoss.

Das Gastwirtsehepaar hat in 36 Jahren Arbeitsleben Geschichte geschrieben, wie Ex-Bürgermeister Hans Schellenberger ihnen im Gästebuch mitgab. Eine Ära geht am 28. Februar zu Ende, wie Bürgermeister Stefan Raetz in seiner Widmung anknüpfte.

36 Jahre arbeiteten sie unermüdlich für ihre Gäste. Dabei lernten der gebürtige Ostpreuße und die Gelsenkirchnerin den Beruf als Gastwirt auf dem "zweiten Bildungsweg". Der 68-Jährige war damals Soldat, als die Mutter zweier Söhne, Guido und Holger, als Kellnerin in Strengs Stuben das Gastgewerbe von der Pike auf lernte. "Sie war der Motor, der uns alle antrieb", schmunzelte der 68-Jährige bei der Abschiedsparty am Samstag in ihrem "Hotel am Voigtstor".

Er dachte an die Zeit, als sich seine Frau 1969 zunächst mit der "Stadtschänke" selbstständig machte. Bald übernahm er die Arbeit am Tresen, denn: "Damals lief das Bier in Hektolitern." Sie war die unumstrittene Königin der Küche. Die Pächterin wirbelte an Pfannen und Töpfen, denn 120 Gerichte kochte sie für bis zu 200 Gäste ohne Hilfe. "In der Küche duldete sie keine Göttin neben sich."

Fotografien aus der Zeit beweisen, wie beliebt die "Stadtschänke" war. Zu Karneval wurde der Schankraum wegen Überfüllung geschlossen. Nichts war zu viel. 1995 nahmen sie das Hotel am Voigtstor hinzu. Die Hausherrin richtete die Betten persönlich bis hin zum Knick im Kopfkissen. Bei zwei Frauen bedanken sie sich besonders. "Inge Baltes und Ilse Friebe waren unverzichtbar", sagt Günter Kremmin. Das Ehepaar integrierte sich rasch in Rheinbach. Kremmin ist zweimaliger Schützenkönig, auch das Rheinische ging ihnen bald über die Lippen. "Mein Sohn Holger war der 10 000. Rheinbacher im Jahr 1967," erzählt die 63-Jährige. Nur beim Fußball blieb alles beim Alten: Da schlägt ihr Herz für Schalke 04.

Das Ehepaar stand mit der damaligen Prominenz auf Du und Du. Ilja Richter sei sehr charmant, aber trotzdem "ein Mann aus dem Volke" gewesen, würdigte Christel Kremmin den Schauspieler. Heidi Kabel sei richtig volkstümlich gewesen.

Von Frauenschwarm Herbert Herrmann ist auch Christel Kremmin begeistert. Schauspielerin Ellen Schwiers, Bandleader Hazy Osterwald und General Gert Verstl suchten nicht nur ein Zimmer für die Nacht, sondern genossen den Familienanschluss, und viele lernten ihr Lieblingsgericht durch die bürgerliche Küche Kremmins kennen. Horst Tappert alias Derrick aß am liebsten dicke Bohnen mit Speck. 1998 gaben die Pächter ihre "Stadtschänke" in fremde Hände, was sie nicht glücklich gemacht hat. Jetzt werden sie auch ihr Hotel in die Ungewissheit entlassen. "Es gibt noch keinen Nachfolger."

Sie stillen jetzt ihre Sehnsucht nach "ihrer" Insel. Schon immer fanden sie einmal im Jahr die Zeit, Freunde auf Gran Canaria zu treffen. Die Erinnerungen an interessante Menschen, abwechslungsreiche Arbeit und an dankbare Gäste bleiben nicht nur im Gedächtnis, sondern auch für die Nachwelt hinter einem Kupferdeckel mit der Abbildung der "Stadtschänke" sicher aufbewahrt: im Gästebuch.

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