Die Deutschen mögen's beim Eis opulent

Sommerberufe: Eismacher Alessandro Chiappin kennt die nationalen Vorlieben - Italiener flanieren gerne mit Waffel

Bad Honnef. Die einen schwitzen am Strand, beim Wandern durch die Bergwelt oder beim Streifzug durch fremde Städte, die anderen zu Hause auf Balkonien oder aber - bei der Arbeit.

Wenn die meisten Sommerferien machen, haben einige Berufsgruppen Hochsaison: die Eismacher beispielsweise. Alessandro Chiappin ist einer der Gelatieri. In Rhöndorf hat der 38-jährige Italiener seinen Eissalon "Alessandro". Mit Chiappin sprach Roswitha Oschmann.

General-Anzeiger: Wann machen Sie Urlaub?

Alessandro Chiappin: Im Winter. Mit meiner Frau Daniela Bruno und meiner zweijährigen Tochter Veronica fahre ich dann zur Familie nach Italien, um dort gemeinsam Weihnachten und Silvester zu feiern. Die Eltern meiner Frau in Apulien freuen sich jetzt schon auf ihre Enkelin. Ich stamme aus der Nähe von Venedig.

GA: Das läuft dann so, wie es bei vielen italienischen Gelatieri-Familien seit über 100 Jahren üblich ist?

Chiappin: Ja. Mittlerweile schließe ich mein Geschäft aber nur noch zwei Monate. Die Saison hat sich verlängert. Die beste Zeit zum Eisverkauf sind aber die Monate April und Mai. Die Leute riechen den Frühling und bekommen Lust auf Eis.

GA: Eismachen war früher eine ziemlich anstrengende Sache.

Chiappin: Kein Vergleich zu heute. Viele benutzten eine Eismaschine mit Kurbelantrieb. Das war ein Holzbottich mit einem Innengefäß aus Metall, in das eine Masse aus Milch, Ei und Zucker kam. Der Zwischenraum wurde mit Eis und etwas Salz gefüllt. Ein Mann bediente die Kurbel, ein anderer musste laufend die Speiseeismasse gegen die kalten Wände streichen. Es dauerte dann eine ganze Zeit, bis die Masse gefror. Heute haben wir elektrische Maschinen.

GA: Aber zunächst wird das Eis erst mal gekocht?

Chiappin: Die Masse wird auf über 80 Grad erhitzt, stimmt. Aber mittlerweile gibt es auch eine Kaltmethode. Aber generell wird es beim Eisherstellen schon sehr heiß im Raum.

GA: Und das im Sommer.

Chiappin: Das bin ich gewöhnt. Ich bin Koch von Beruf, habe meine Lehre in meiner Heimat gemacht. Im Jahr 1988 kam ich nach Deutschland und war dann in verschiedenen Restaurants tätig, unter anderem vier Jahre lang als Chefkoch im "Caesareo" in Rhöndorf.

GA: Sie gehören also nicht zu diesen typischen Gelatieri-Familien aus dem Norden Italiens, deren Männer um 1900 aufbrachen, um auch in Deutschland Eis zu verkaufen?

Chiappin: Nein. Meine Familie ist hier in Honnef in der Gastronomie aktiv. Aber als ich im "Caesareo" arbeitete, hörte ich immer wieder die Frage nach einem Eissalon in Rhöndorf. Den gab es nicht, und da hatte ich die Idee, hier einen zu eröffnen. 2000 war es soweit.

GA: Wie haben Sie dann das Eismachen erlernt?

Chiappin: Bei einem Bekannten, der seit über 30 Jahren ein Eisgeschäft hat. Ich durfte auch Rezepte übernehmen.

GA: Aber die sind normalerweise Geheimsache?

Chiappin: Ja. Jeder hat so seine Rezepte. Ich habe mittlerweile 27 Sorten und auch selbst einige kreiert: etwa Zimt-Schokolade, Prosecco-Eis, Mohn mit Honig, Aloe-Vera-Eis, Joghurt mit Orange. Das Tüfteln macht wirklich Spaß.

GA: Was ist denn in dieser Saison das Mode-Eis?

Chiappin: Mister Nico, das ist Erdnuss mit Schokolade. Auch Pistazien mit Mascarpone und Krokant, Mandarine, grüner Apfel, After Eight. Büffeleis aus Büffelmilch war der absolute Schlager, im Moment darf ich es wegen der EU-Richtlinien nicht herstellen.

GA: Sind deutsche Kunden große Schleckermäulchen?

Chiappin: Eindeutig. Sie belegen nach den Schweden Platz zwei. Die Deutschen essen auch mehr Eis als die Italiener. Sie bevorzugen Eisbecher, bleiben gern sitzen und genießen das. Italiener kaufen sich lieber ein Eis in der Waffel und gehen damit spazieren.

GA: Also nichts mit einem Eissalon in Italien und dort arbeiten, wo die Deutschen Urlaub machen?

Chiappin: Höchstens an Touristenhochburgen wie am Gardasee würde ich einen Eissalon in meinem Heimatland eröffnen. Dann hätte ich auch die deutschen Urlauber als Gäste. Aber mir gefällt es sehr gut hier in Rhöndorf, ich liebe den Kontakt zu meinen Kunden. Und vielleicht klappt es, dass ich meinen Traum verwirkliche und zugleich ein kleines Bistro betreibe mit typisch italienischen Gerichten.

GA: Und während Ihres Urlaubs denken Sie mal nicht an Eis?

Chiappin: Doch. Dann besuche ich die Eismesse in Longarone in den Dolomiten. Dort wird alles vorgestellt: von neuen Eissorten über neue Kaffeebohnen und Eismaschinen bis hin zu passenden Tischen und Stühlen.

Zur PersonAlessandro Chiappin (38) stammt aus der Nähe von Venedig. In seiner Heimat erlernte er den Beruf des Kochs. 1988 kam er nach Deutschland und arbeitete im Bonner Raum in seinem Fach. So war er Chefkoch im "Caesareo" in Rhöndorf, in dem zu Bonner Hauptstadtzeiten gern Politgrößen speisten. 2000 eröffnete Chiappin seinen Eissalon "Alessandro", in dem auch seine Frau Daniela Bruno aus Apulien mitwirkt. Zusammen haben sie Töchterchen Veronica (2).

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