Dat is Rheinisch Do bes a Hangdier!

Kolumne | Rheinland · Der General-Anzeiger stellt jede Woche eine rheinische Redensart vor, erläutert Herkunft, Bedeutung und Anwendung. Diesmal: Hangdier.

Ein Faultier ist eine Art Hangdier.

Ein Faultier ist eine Art Hangdier.

Foto: dpa/Jens Büttner

Geht es Ihnen manchmal auch so?: Man wird am Morgen wach und ist müde! Eigentlich eine gute Zeit, um sich noch einmal rumzudrehen. Aber die Tagesaufgaben warten mit einem drängenden Aufforderungscharakter. Dieser Gedanke reicht dann meistens, um sich aus dem Bett zu schälen und in die wie auch immer geartete Abarbeitung der persönlichen To-Do-Liste einzusteigen.

Jetzt gibt es aber auch Menschen, für die das beschriebene Gefühl ein Dauerzustand ist. Die partout nicht in die Gänge kommen. Da hilft auch kein kaltes Wasser oder ein starker Kaffee. Für diese Zeitgenossen hat der Rheinländer die Zuschreibung erfunden: „Do bes e Hangdier“.

Eine zoologische Neuentdeckung

Wer es versteht, der mag auf die Zoologie verweisen und sagen: Das gibt es doch gar nicht. Diese Tierart existiert nicht. Auf gut Hochdeutsch müsste man es nämlich übersetzen mit: Du bist aber ein Hängetier!

Man hat da vielleicht eine Art Faultier vor Augen, das sich kaum bewegt und den ganzen Tag am Baum baumelt – oder abhängt. Wobei, diese Tierart sieht ja immerhin noch ganz munter aus. Das rheinische Hangdier dagegen verbreitet den Eindruck der allgemeinen Traurigkeit. Es könnte also auch jemanden beschreiben, der mit hängendem Kopf durch die Welt geht und einer depressiven Stimmung verfallen ist.

Transusig und Miesepetrig

Irgendwie hat man schon rein klanglich eine Vorstellung davon, wie der so Bezeichnete charakterlich aufgestellt ist. Langsam, transusig, melancholisch, miesepetrig. Für ihn ist das Glas immer mindestens halb leer, wenn nicht noch leerer. Man möchte ihn anstupsen und aktivieren, mobilisieren, damit er sich selbst aus seinem Schlamassel zieht, aber solche Aktivierungsversuche gehen meisten ins Leere.

Da kann man doch froh sein, dass man selbst nur ab und zu von der Hangdier-Stimmung heimgesucht wird. Das sollte man dann auch mal genießen und unter rheinischer Lebenskunst verbuchen.

Weitere Kolumnen sind in dem Buch „Rheinisch für Fortgeschrittene” erschienen, Edition Lempertz. Hören Sie auch unseren Podcast „So geht Rheinisch” auf allen Podcastplattformen. Haben Sie auch eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns per Mail an: rheinisch@ga.de