Flüchtlinge im Rhein-Sieg-Kreis Doch keine Notunterkünfte in Swisttal und Meckenheim

SWISTTAL/MECKENHEIM · Vorerst werden weder das Morenhovener Dorfhaus noch die Meckenheimer Fronhofhalle für die Erstbelegung mit Flüchtlingen vorgesehen.

In der Kirche von Morenhoven informierte Petra Kalkbrenner (l.) über die geplante Unterbringung von Flüchtlingen im Dorfhaus.

In der Kirche von Morenhoven informierte Petra Kalkbrenner (l.) über die geplante Unterbringung von Flüchtlingen im Dorfhaus.

Foto: Axel Vogel

Die Bürgermeister Bert Spilles und Petra Kalkbrenner zogen am Mittwochabend ihre bereits bekundete Bereitschaft zurück, nachdem sie vom Inhalt einer Telefonkonferenz zwischen Regierungspräsidentin Gisela Walsken und den Landräten im Regierungsbezirk Köln erfahren hatten.

Darin hatte Walsken gesagt, das Schreiben vom vergangenen Donnerstag, in dem sie um die Meldung von Unterkünften für bis zu 70 Personen gebeten hatte, habe nicht den Charakter einer Weisung gehabt. Es habe nur dazu gedient, Ressourcen abzufragen.

Die Swisttaler Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner reagierte am Mittwoch - an ihrem ersten Arbeitstag im neuen Amt - prompt. Um 17 Uhr schickte sie eine Mail an die Bezirksregierung, in der sie mitteilte, dass die Gemeinde ihre Bereitschaft zurückziehe, das Dorfhaus mitten im Ort als Unterkunft zur Verfügung zu stellen.

Walsken hatte am Mittwoch gesagt, man müsse sich auf weitere Zuweisungen einstellen. Notunterkünfte in "Kleinsteinheiten" mit 70 Flüchtlingen seien nicht praktikabel. Sie sicherte die Option regionaler Bündelungen zu. Laut Schuster regten seine Kollegen und er an, größere Bundesimmobilien in Betracht zu ziehen, da sie mit ihren Kapazitäten, besonders den personellen, an ihre Grenzen stießen. In zwei Wochen soll es eine weitere Telefonkonferenz geben.

"Eine uncharmant formulierte Weisung"

Kalkbrenner hatte am Freitag noch mit einem Vertreter der Bezirksregierung telefoniert. Der habe ihr gesagt, das Schreiben sei "eine uncharmant formulierte Weisung". Darauf habe die Gemeinde nach Prüfung aller eigenen Immobilien die Bereitschaft erklärt, das Morenhovener Dorfhaus als Unterkunft zur Verfügung zu stellen.

Mitarbeiter des Bauhofs sowie Vertreter der Ortsvereine räumten das Haus dann am Freitag und Samstag. Es wurden Betten gekauft, ein neuer Boden verlegt, ein Caterer sowie ein Sicherheitsdienst engagiert in der Erwartung, dass die Flüchtlinge noch in dieser Woche ankämen.

Doch nun habe sie, so Kalkbrenner, mit großem Erstaunen die Pressemitteilung des Kreises zur Kenntnis genommen, in der dargelegt werde, dass es sich beim Schreiben der Bezirksregierung nicht um eine Weisung, sondern um eine Abfrage der Ressourcen gehandelt habe. Nun erwartet sie, dass die Bezirksregierung die angefallenen Kosten erstattet. Noch gestern Abend informierte Kalkbrenner die Fraktionsvorsitzenden von der Rücknahme der Bereitschaft.

Auch die Stadt Meckenheim zieht nun ihre Zusage zurück, die Fronhofhalle an der Schützenhalle für die Erstbelegung bereitzustellen. "Das ist der Hammer", meinte Bürgermeister Bert Spilles gestern zur Aussage der Regierungspräsidentin. "Mit größtem Unverständnis" nahm er "die Auslegungen" von Gisela Walsken zu ihrer eigenen Verfügung vom 15. Oktober zur Kenntnis.

Kein "anweisender" Charakter

Das als Rundverfügung und Amtshilfeersuchen deklarierte Schreiben an alle kreisfreien Städte, Kreise, kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Regierungsbezirk Köln werde nunmehr seitens der Regierungspräsidentin persönlich lediglich als Ressourcenabfrage bezeichnet, die keinen "anweisenden" Charakter haben sollte.

Spilles: "Diese Einschätzung steht nicht nur im krassen Widerspruch zur Bezeichnung des Schreibens in der betroffenen Korrespondenz, sondern auch zum Inhalt. Denn in der Verfügung selbst werden die Städte aufgefordert bis zum 19. Oktober oder spätestens 21. Oktober mindestens 70 Notunterkunftsplätze herzurichten."

Vollzug sollte an den Krisenstab gemeldet werden. Dies wiederum widerspreche der Aussage der Regierungspräsidentin in der Pressemitteilung des Rhein-Sieg-Kreises, wonach der Betrieb von Notunterkünften in "Kleinsteinheiten" von 70 Flüchtlingen "nicht praktikabel" sei.

Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Verfügung der Bezirksregierung hätten Stadtverwaltung und die Hilfsdienste unverzüglich und mit hohem persönlichem Einsatz eine Notunterkunft für 70 Personen in der Fronhofhalle vorbereitet. Die Bezugsfertigkeit wurde noch für diese Woche dem Rhein-Sieg-Kreis und der Bezirksregierung gemeldet.

Spilles ist sauer: "Ich weiß nicht, ob die Bezirksregierung sich im Klaren ist, was bei der Basis vor Ort mit solch einem Hin und Her bewirkt wird. In einer enormen Kraftanstrengung haben wir die für eine Notunterkunft notwendige Infrastruktur aufgebaut.

Verständnis bei den Schulen und Vereinen eingeholt und die betroffene Nachbarschaft informiert. Die entstandenen Kosten werde ich dem Land in Rechnung stellen."

Deprimierende Situation

Die Fronhofhalle wird nun wie bisher geplant für die Regelbelegung mit zugewiesenen Flüchtlingen vorbereitet. Mit der Belegung ist bereits mangels anderer Kapazitäten im Oktober zu rechnen. Der Bürgermeister spricht allen beteiligten Unterstützern, dem Hilfsdienst, den Schulen und den Verwaltungsmitarbeitern seinen besonderen Dank für das hervorragende Engagement und den schnellen Einsatz aus.

Der Rheinbacher Bürgermeister Stefan Raetz sagte am Mittwoch in seiner Eigenschaft als Sprecher aller Bürgermeister des Rhein-Sieg-Kreises, er erwarte von der Bezirksregierung künftig einen Dialog mit den Kommunen. Es gehe nicht an, dass kurz vor dem Wochenende ein Amtshilfeersuchen verschickt werde, wo doch jeder wisse, dass alle Verwaltungen vor der Wochenendpause stünden. Die Situation sei deprimierend.

Es würden auch künftig Bürgerhäuser und Sporthallen für die Flüchtlinge benötigt, denn die Zuwanderung lasse ja nicht nach. Nach Ramershoven seien in der Stadt Rheinbach die Hallen in Queckenberg, Hilberath und Oberdrees an der Reihe. Raetz, früherer Marine-Offizier, wählte ein Bild aus der Seefahrt: "In der Flüchtlingsfrage ist kein Land in Sicht. Und wir haben eine Lotsin, die uns immer weiter aufs offene Meer führt." Damit meinte er Kanzlerin Angela Merkel.

Noch am Dienstag hatte Petra Kalkbrenner bei einer Bürgerversammlung in der Morenhovener Kirche über die Modalitäten der geplanten Unterbringung informiert. Dort sollten 44 Menschen Platz finden. "Ich bin stolz, dass das Team so viel geleistet hat", sagte Kalkbrenner. Viele Bürger unterstrichen dies mit Applaus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Vorbild Natur
Cleveland Orchestra in der Kölner Philharmonie Vorbild Natur