Waldhotel Grunge Dornröschen wartet auf den Prinzen
Siegburg · Auch nach acht Jahren Leerstand sieht es im Waldhotel Grunge so aus, als könnten jederzeit Gäste kommen.
Die Sträucher vor dem Portal sind gestutzt, die Blumen blühen, die Glaskugeln der Lampen blinken im Sonnenlicht. Fenster sind gekippt, an der Rezeption brennt Licht. Einzig der fast leere Parkplatz, auf dem nur zwei Autos stehen, passt nicht ins Bild.
Wer es nicht besser weiß, würde hier hoch über dem Siegburger Stadtteil Kaldauen glatt ein Zimmer buchen. Doch seit nunmehr acht Jahren klopft vergeblich an, wer im "Waldhotel Grunge" residieren möchte. Seit dem 28. Februar 2003 ist das Haus am Höhenweg geschlossen. Es hat etwas von Dornröschen, das auf den erlösenden Prinzen wartet.
Drei potenzielle "Prinzen" hegen aktuell Absichten. "Wir führen Gespräche mit drei Interessenten", sagt ein Vertreter der Josef-Esch-Fonds-Projekt GmbH, der namentlich nicht genannt werden möchte. Das Troisdorfer Unternehmen ist Miteigentümer der Immobilie. "Es hat über die Jahre immer wieder Anfragen gegeben", sagt der Vertreter. Doch konkret sei es nur in wenigen Fällen geworden. "Wir suchen einen Pächter oder Käufer mit Erfahrung und einem schlüssigen Konzept, der das Haus langfristig erfolgreich betreiben kann."
Betreutes Wohnen oder eine Mischnutzung als "Hotelbetrieb mit medizinischem Hintergrund" schweben den derzeitigen Interessenten vor, fügt er hinzu und stellt die "Guten Geister" des verwaisten Hotels vor. Die Herren vom Hausmeisterdienst TOM bringen Leben in die Immobilie, die sich über etwa 11 000 Quadratmeter, verteilt auf mehrere Etagen, erstreckt. Und sie sorgen dafür, dass das Haus am Wald morgen wieder eröffnen könnte.
Das bestätigt der Schritt über die Türschwelle. Keine abgestandene Luft, kein Staub, keine Spinnweben. Es wirkt, als sei im Restaurant gestern Abend noch gegessen und gefeiert worden. Eine E-Gitarre mit Verstärker steht auf der Bühne, vor der Tanzfläche ein weißes Klavier, Spirituosen zieren die Theke, Gläser hängen in Reih und Glied.
Im "Andalusischen Garten" lassen Skulpturen dessen Charme erahnen. Hier, im gläsernen Anbau, ist denn doch ein Indiz für den jahrelangen Leerstand zu sehen: eine zerborstene Scheibe. "Das waren Jugendliche mit Bierflaschen", berichtet der Hausmeister. "Das wird sofort behoben", versichert sein Arbeitgeber.
Die Besitzer legen viel Wert auf den tadellosen Zustand ihrer Immobilie, lassen ihn sich mehr als 100 000 Euro im Jahr kosten: "Wenn eine Scheibe gebrochen ist, lädt das nur zu mehr Vandalismus ein." Lose verlegte Kabel verraten die Alarmanlage. Und das Waldhotel hat eine weitere Versicherung gegen Einbruch: die Polizei. "Spezialeinsatzkommandos üben in den leer stehenden Räumen", erzählt der Hausmeister. Im Gegenzug fährt regelmäßig eine Streife am Hotel vorbei.
Zimmer für Zimmer nehmen die Hausmeister sich vor, Woche für Woche, immer wieder von vorne. Fenster putzen, Böden saugen, Terrasse reinigen, Staub wischen, die Liste ist lang, die Zimmer sind zahlreich. "Ich war schon in Räumen, die habe ich nicht mehr wiedergefunden", sagt der Mann von der Projekt-GmbH.
Gleichwohl weiß er genau, wohin er seine Gäste führt. Zeigt die Konferenzzimmer mit Blick auf das Siebengebirge. Das schöne Eckzimmer im Obergeschoss, das Restaurant, die Rezeption, die beiden Kegelbahnen im Keller, die Tiefgaragen mit rund 90 Stellplätzen und das Schwimmbad samt Whirlpool, Sauna und Solarium. Bis vor drei Jahren war Wasser im Becken.
Und er zeigt die Küche, wohl das Prachtstück des Hauses. Das erkennt selbst der Laie. Riesig in ihren Ausmaßen und professionell in ihrer Einrichtung. Töpfe, Kochbesteck, Herd, Anrichte, Spülbecken, alles blinkt und blitzt, wartet nur darauf, wieder genutzt zu werden.
Ein Wunsch, den die Eigentümer gerne erfüllen würden, versichert ihr Vertreter. Aber nicht um jeden Preis: "Wir warten, bis wir den Richtigen gefunden haben." Sein Blick fällt auf die Tafel: "Karottensuppe" und "Früchteparfait mit Mops", steht dort - das letzte Tagesmenü, serviert am 26. Februar 2003. Was genau als Mops auf dem Dessertteller der Hotelgäste landete, das bleibt wohl das Geheimnis des Waldhotel-Kochs.