JVA Rheinbach Drogen geschmuggelt - Zehn Männer angeklagt

RHEINBACH/BONN · Selbst der größte Verhandlungssaal im Bonner Landgericht bot am Mittwoch im Prozess um das Einschmuggeln von Drogen in die Rheinbacher Justizvollzugsanstalt (JVA) kaum genügend Platz für die Angeklagten und ihre Verteidiger.

Zehn Männer im Alter zwischen 28 und 53 Jahren müssen sich wegen bandenmäßigen Drogenhandels sowie Bestechlichkeit und Bestechung im besonders schweren Fall vor der 3. Großen Strafkammer verantworten. Unter den Angeklagten sind neben sechs damaligen JVA-Häftlingen auch zwei mittlerweile suspendierte Bedienstete des Gefängnisses.

Durch ihre Hilfe soll das Einschleusen der Drogen überhaupt erst möglich gewesen sein. Laut Anklage hatten zwei Dealer einem 53 Jahre alten Vollzugsbeamten Päckchen mit Drogen zu Hause in seinen Briefkasten geworfen. Er soll die mit Heroin und Cannabis gefüllten Päckchen dann in die JVA eingeschleust und im Gegenzug Geld erhalten haben.

Am ersten Verhandlungstag am Mittwoch äußerten sich die Angeklagten noch nicht zum Anklagevorwurf. Die überwiegende Mehrheit hat jedoch bereits angekündigt, sich ab dem kommenden Prozesstag erklären zu wollen. Laut Anklage hatte der schwunghafte Drogenhandel hinter Gittern im März 2008 begonnen.

Die Initiative scheint von zwei Insassen ausgegangen zu sein: Sie sollen gewusst haben, dass der 53-Jährige in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Offenbar ließ sich der Bedienstete daher auf den Plan ein. Neben den Drogen sollen auch Waren wie Mobiltelefone und Sonnenbrillen in die JVA geschmuggelt worden sein.

Mit Hilfe des zweiten Vollzugsbeamten haben sich die Bandenmitglieder laut Anklage Klarheit über die finanziellen Verhältnisse der potenziellen Abnehmer verschafft: Der 37-Jährige hatte Einblick in die Gefangenenkonten. Der Verkauf des Rauschgiftes an die Mithäftlinge soll insgesamt mehr als 100 000 Euro eingebracht haben.

Doch die Fahnder bekamen Hinweise - offenbar von Personen aus der Bande selbst. Es folgten vor allem Telefonüberwachungen, bis die Ermittlungsgruppe "Briefkasten" schließlich im März 2009 zuschlug. Der 53 Jahre alte Beamte saß daraufhin fünf Monate in Untersuchungshaft.

Äußerst missgestimmt zeigten sich am Mittwoch die beiden Verteidiger eines mutmaßlichen Haupttäters. Der 33-Jährige sitzt derzeit eine Haftstrafe im Gefängnis in Aachen ab. Einen Tag vor Prozessbeginn wurde er laut den Anwälten jedoch nicht wie geplant in die JVA Köln verlegt - sondern nach Rheinbach. Dort sei er von einem Bediensteten mit den Worten begrüßt worden: "Du weißt ja, Schweigen ist Gold."

Die Anwälte beantragten unter anderem, dass das Gericht in der JVA eine sofortige Durchsuchung anordnen soll. Es bestehe der Verdacht des Siegelbruchs und des Ausspähens von Geheimnissen, da in Aachen versiegelte Boxen des Häftlings angeblich geöffnet wurden.

Zu allem Überfluss war der 33-Jährige am Mittwochmorgen auch noch zusammen mit dem mutmaßlichen zweiten Initiator des Drogenhandels, der momentan eine zehnjährige Haftstrafe in Rheinbach absitzt, im Gefangenentransporter nach Bonn gebracht worden. Für den Prozess sind 14 weitere Termine bis zum 30. März vorgesehen.

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