Flüchtlingsheim in Muffendorf Eine Art Willkommenskultur in der Deutschherrenstraße

Bonn · Ralf Jäger, Innenminister des Landes NRW, besuchte am Montag die Leiterin der Zentralen Flüchtlingsunterkunft in Bad Godesberg-Muffendorf, um sich ein Bild vor Ort zu machen. Ein Besuch zur rechten Zeit.

Jana Biesenbach ist froh um jede Unterstützung. Vor allem, wenn sie von so prominenter Seite wie von Ralf Jäger kommt. Der Innenminister des Landes NRW besuchte am Montag die Leiterin der Zentralen Flüchtlingsunterkunft in Muffendorf, um sich ein Bild vor Ort zu machen.

Ein Besuch zur rechten Zeit: Denn die Einrichtung, die das DRK seit Ende 2014 an der Deutschherrenstraße betreibt, wird weiter wachsen. Ab September sollen im Nachbartrakt auf dem Areal des ehemaligen Landesvermessungsamtes, im Gebäudeteil 7, weitere Flüchtlinge wohnen. Zusätzlich zu den rund 200 Plätzen in der bestehenden Unterkunft geht Biesenbach von weiteren 200 bis 300 Plätzen aus.

Von offizieller Seite will sich bei der Stippvisite noch niemand zu konkreten Zahlen äußern. Fest stehe nur, dass zunächst eine Etage im Nachbargebäude für etwa 80 Flüchtlinge hergerichtet werde, weiß Biesenbach. Die Handwerker stünden schon parat, sagt sie. Neben Jäger sind auch die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken und ihr Vize Wilhelm Steitz nach Muffendorf gekommen.

Schließlich sind es ihre Mitarbeiter der Abteilung 7, die freiwillig ihre schönen Büros aufgegeben haben und sich einen Trakt weiter nun mit deutlich weniger Raum begnügen, damit zusätzlicher Platz für die Flüchtlinge geschaffen werden kann. Auch eine Art Willkommenskultur, loben Walsken und Jäger die Beamten. Nach einer kurzen Führung durch das Flüchtlingsheim gehen sie bei ihnen vorbei und bedanken sich bei Abteilungsleiter Konrad Birth und den Vertretern des Personalrats für die Einsicht und das Verständnis.

"Wir haben heute eine Situation, wie sie noch nie da war", sagt der Minister. Zählte das Land NRW im vorigen Jahr noch rund 43.000 Flüchtlinge, so wird NRW bis Ende des Jahres bis zu 200.000 Menschen aufnehmen, prognostiziert er. "Das ist eine Verfünffachung der Flüchtlingszahl." Für bis zu 27.000 Flüchtlinge gibt es Platz in den Unterkünften des Landes. Vor einem Jahr waren es gerade einmal 1800 Plätze.

Jäger hat die aktuellen Bilder aus Mazedonien vor Augen. "Das wird sich so schnell nicht ändern", sagt er. Im Gegenteil, es werden noch mehr Flüchtlinge. Noch viel mehr. Eine riesige Herausforderung für alle. Für Bund, Länder und Kommunen.

Das Kernproblem sei, so macht Jäger später im Gespräch mit Biesenbach deutlich, dass die Asylanträge der Flüchtlinge nicht schnell genug bearbeitet werden. "Wir müssen schleunigst aus diesem Krisenmodus raus", fordert er. Doch dazu braucht es vor allem geeignetes Personal. "Und das ist nicht so einfach zu finden", weiß Innenminister Jäger.

Sein Besuch ist den Bewohnern nicht entgangen. Einige bestaunen mit großen Augen die vor dem Haus abgestellte schwarze Limousine des Ministers. Eine willkommene Abwechslung in ihrem Alltag, den sie hauptsächlich mit Warten verbringen. Ein junger Mann, ein Serbe, nimmt allen Mut zusammen und spricht Jäger in gebrochenem Englisch an. Wann denn endlich sein Transfer sei, will er von ihm wissen. Natürlich weiß der Minister darauf keine Antwort. Er zuckt mit den Schultern. Da ist der Flüchtling schon wieder aus seinem Blickfeld verschwunden.

Jäger ist oft in solchen Einrichtungen unterwegs. Landauf, landab hat er schon viele besucht. Er sagt, dass man bei den Flüchtlingen aus den Balkanländern an den Fluchtgründen arbeiten müsse. "Ich werfen ihnen nichts vor. Ich kann nachvollziehen, warum sie diesen Weg gehen", sagt der Innenminister, der seinem Sprecher Oliver Moritz zufolge erst kürzlich mit einer Delegation des Düsseldorfer Landtags im Kosovo war.

Die Bezirksregierung Köln lädt für Donnerstag, 19 Uhr, in die Stadthalle Bad Godesberg zu einer Bürgerversammlung über die geplante Erweiterung der Flüchtlingsunterkunft ein.

Röttgen: Grundgesetz für Flüchtlingshilfe ändern

In der Union mehren sich Forderungen, durch eine Grundgesetzänderung eine direkte Unterstützung der Kommunen in der Flüchtlingshilfe durch den Bund zu ermöglichen. "Dann kommen die Milliardenhilfen auch dort an, wo sie gebraucht werden", sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen der "Passauer Neuen Presse". Dafür sei eine Verfassungsänderung notwendig. Das Grundgesetz untersagt es dem Bund bislang, die Kommunen bei der Finanzierung der Flüchtlingshilfe direkt zu unterstützen. Vielmehr muss der Bund das Geld an die Länder überweisen, die dann wiederum die Kommunen unterstützen. Kritiker bemängeln, dass die Hilfsgelder nicht immer direkt an die Kommunen weitergeleitet werden.

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