Eine Frau fällt während der Fahrt in Ohnmacht

Passagiere aus der Region beschweren sich massiv über chaotische Zustände im Sonderzug 12 zum ökumenischen Kirchentag in Berlin - Zehn Stunden Fahrt und eine ausgefallene Klimaanlage

  Es fährt ein . . .  In Scharen kamen die Christen auf dem Bahnhof Berlin-Lichtenberg mit Zügen an.

Es fährt ein . . . In Scharen kamen die Christen auf dem Bahnhof Berlin-Lichtenberg mit Zügen an.

Foto: dpa

Rhein-Sieg-Kreis. Die Deutsche Bahn wollte endlich einmal wieder positive Schlagzeilen machen. Mit einem Rekord. Zum Ökumenischen Kirchentag in Berlin setzte sie einen Zug ein, der alle Dimensionen sprengt. Der Sonderzug 12 aus Köln bestand aus 15 Doppelstockwaggons, war über 400 Meter lang, 750 Tonnen schwer und bot 1 770 Fahrgästen Platz.

Doch statt ins Guinness-Buch der positiven Rekorde zu kommen, droht der Sonderzug 12 nun zum - rekordverdächtigen - Beschwerde-Fiasko für die Bahn zu werden. Immer mehr geharnischte Protestbriefe flattern dieser Tage den Mitarbeiter der DB-Dialog auf den Schreibtisch - mit detaillierten Mängellisten. So auch der von Karen Seemann-Koppenol aus Siegburg-Kaldauen. Sie berichtet von teils chaotischen Zuständen. Die Waggons waren nicht mit Nummern versehen. Das führte zu Irrungen und Wirrungen beim Einsteigen. Gruppen fanden nicht mehr zueinander. Die Gänge waren überfüllt. Für das Gepäck war zu wenig Platz.

"In den letzten drei Stunden fiel die Klimaanlage aus, und die Fenster ließen sich nicht öffnen. Der Zug kam mit zwei Stunden Verspätung an, deshalb haben viele den Eröffnungsgottesdienst verpasst", berichtet Seemann-Koppenol. Statt die Mängel zu beheben, habe der Zug offenbar bis zur Rückfahrt auf einem sonnigen Abstellgleis gestanden. "Jedenfalls waren bei der Rückfahrt die Mängel nicht behoben", berichten auch Fahrgäste aus Niederkassel, Beuel, Endenich und Bonn-Nord.

Unkomfortabler Nahverkehrszug, defekte Klimaanlage, aufgeheizte Wagen, nicht zu öffnende Fenster, kein Getränkeverkauf und verstopfte Toiletten. "Einige Fahrgäste hatten massive Kreislaufprobleme, eine junge Frau fiel in Ohnmacht." Als gelernte Krankenschwester half Seemann-Koppenol dem Mädchen. Erst auf massiven Druck der Fahrgäste hin und nach langen Gesprächen mit den Zugbegleitern habe der Zug zunächst auf freier Strecke gehalten und wurden die Türen geöffnet. In Magdeburg legte er einen einstündigen Zwischenstopp ein, um die Klimaanlage zu reparieren. Inzwischen waren die Temperaturen im Abteil teilweise auf 50 Grad gestiegen.

Ebenfalls im Zug saß Wolfgang Knoch. Er bestätigt die Beobachtungen von Seemann-Koppenol und ärgerte sich selbst besonders darüber, dass die Fahrt acht beziehungsweise zehn Stunden gedauert hat. Die Durchsagen seien verwirrend und widersprüchlich gewesen. "Ich saß in diesem Nahverkehrszug auf einem Notsitz. Beim nächsten Mal fahre ich nicht mehr mit dem Sonderzug", kündigte der Bonner an.

"Wir haben uns an eine detaillierte Aufarbeitung des Vorgangs begeben", sagte am Mittwoch Bahnsprecher Manfred Ziegerath. Er bestätigte dem General-Anzeiger, dass teilweise die Klimaanlage ausgefallen ist. "Wir können uns dafür nur in aller Form entschuldigen."

Die Bahn prüfe jetzt, wie sie gegenüber den Fahrgästen ihre Kulanz zeigen kann. Ziegerath warb aber auch um Verständnis: "Wir haben 28 500 Reisende in 38 Sonderzügen zum Kirchentag befördert." Weil die Bahn aber gar nicht so viele Reservewagen besitze, habe man sogar Waggons im Ausland ausleihen müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort