Eine neue Ruine in der Bad Godesberger Innenstadt?

Dieroff-Gruppe soll Zuschlag für Bebauung des Friesdorfer Sportplatzes erhalten und Globus ins Boot mitnehmen

Bad Godesberg. "Wenn Globus auszieht, gehen hier die Lichter ganz aus." Es ist ein Satz, spontan gesprochen bei weihnachtlichem Kerzenschein in festlicher Stimmung von keiner geringeren als Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann. Auf einem Rundgang über den Bad Godesberger Weihnachtsmarkt am vorvergangenen Sonntag mit NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement blickte sie sorgenvoll auf das Altstadtcenter. Vernommen hat die Worte der SPD-Stadtverordnete Horst Naaß, der sich danach weiter umgehört hat, um jetzt darüber zu berichten.

Für Naaß brauen sich über der Bad Godesberger Innenstadt düstere Wolken zusammen. Die eine Ruine sei noch nicht beseitigt, da könnte eine neue entstehen. Was seit etwa einem Jahr gemunkelt werde, verdichte sich inzwischen zu mehr als einem Gerücht: Globus ziehe sich möglicherweise aus dem Altstadtcenter zurück.

Wie Naaß ferner sagt, wird inzwischen laut darüber nachgedacht, den Sportplatz an der Friesdorfer Straße, auf dem sich auch die weltweit größte Einzelhandelskette Wal-Mart niederlassen möchte, dem Investor Heinz Dieroff zur Bebauung zu übergeben. Dieroff will bekanntlich das Hertie-Gebäude in Bad Godesberg umbauen. Und Dieroff wolle Globus ins Boot nach Friesdorf mitnehmen. Naaß: "Das hat inzwischen auch Martin Hennicke, Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung, bestätigt".

Für Naaß steht fest: "Ein Weggang von Globus wäre katastrophal." Sowohl für die Innenstadt als auch für Friesdorf. "Ein Globus-Markt in Friesdorf bedeutete Konkurrenz für den Edeka-Markt am Klufterplatz und für die Innenstadt einen herben Schlag", sagt der SPD-Sprecher in der Bad Godesberger Bezirksvertretung, Helmut Redeker. Für ihn steht darüber hinaus fest: Ein Wal-Mart hat in Friesdorf keine Chance. Anders als der andere Markt müsste er nach seiner Ansicht von den Landesbehörden genehmigt werden. Und eine Zusage aus Düsseldorf oder Köln werde es nie geben, so Redeker.

Nach Ansicht von Bärbel Richter, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Bad Godesberg-Nord und seit gestern auch Kandidatin auf den Vorsitz des SPD-Unterbezirks Bonn, sei es inakzeptabel, dass der Sportplatz in Friesdorf "platt gemacht wird". Es sei keine gute Idee, einen Sportplatz für einen Markt zu opfern. Wolfgang Budde-Roth, der im nächsten Jahr Vorsitzender des SPD-Vereins Bad Godesberg Nord werden will, weil Bärbel Richter den Bonner SPD-Chefposten anstrebt, wäre es sehr schlimm, "wenn der Edeka-Markt in Friesdorf in Gefahr gerät". Naaß und seine Parteifreunde wollen die Entwicklung um Globus und die geplante Bebauung des Sportplatzes in Friesdorf "mit sehr viel Akribie und Sorgfalt beobachten". Die Öffentlichkeit müsse früh an der Diskussion beteiligt werden.

Stephan Becker, Mitglied der Geschäftsführung des Globus-Betreibers Kaiser & Kellermann, weist Umzugsabsichten zurück: "Wir sind in Bonn an drei Standorten, daran wird sich in absehbarer Zukunft nichts ändern." Der Standort Bad Godesberg sei nicht in der Diskussion. Globus sei nach wie vor in Bad Godesberg "ganz stattlich präsent", obwohl der gesamte Standort wegen des Berlin-Umzugs "ein Loch erfahren habe, das nicht so schnell zu schließen ist". Der Handel müsse darauf entsprechen reagieren. Unter den 60 000 Artikeln, die Globus anbiete, gehörten auch solche des gehobenen Anspruchs. Doch die Käufer dieser Artikel, die Botschaftsangehörigen, seien inzwischen weg.

Ein Umzug des Globus-Marktes käme auch deshalb ungelegen, meint die SPD, weil sich im zu Ende gehenden Jahr einiges zum Positiven entwickelt habe. Für Naaß, der nach eigenen Angaben den Weihnachtsmarkt seit seinem Einzug in den Stadtrat 1979 verfolgt, ist ein neues Kapitel in der Geschichte dieser Veranstaltung aufgeschlagen worden. Die Belebung des Marktes sei City-Marketing mit Michael Wenzel und dem Einsatz von Leuten wie Lilo Franzen und Brigitte Grüll zu verdanken. "Die Zeit des Schlechtredens muss vorbei sein", sagt Naaß. Der Stadtverordnete hofft außerdem, dass mit dem Hertie-Umbau eine neue Zeitrechnung der Innenstadtentwicklung eingeläutet wird.

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