Eine Patentlösung hat keiner zur Hand

Beueler CDU diskutierte mit Anliegern über die Situation an der Oberen Wilhelmstraße - Öffnen oder nicht? Das bleibt die Frage

Beuel. Bei der Eröffnungsfeier am 3. September 1977 dankten die Einzelhändler dem "Vater der Fußgängerzone", dem damaligen CDU-Bezirksverordneten Gerd Pützer, noch mit einer Medaille. Oberbürgermeister Hans Daniels und Oberstadtdirektor Karlheinz van Kaldenkerken eröffneten stolz vor tausenden von Zuschauern die für eine Million Mark umgebaute Obere Wilhelmstraße. Doch die Ernüchterung folgte schnell. Wie viele Ideen folgten seitdem wohl, um die immer mehr ins Abseits rückende Geschäftsstraße attraktiver zu machen? Was ist eigentlich aus dem Plan geworden, einen Wochenmarkt an die Obere Wilhelmstraße zu holen? Am Dienstagabend vermochte die Pläne kaum noch einer alle aufzuzählen. Der CDU-Ortsverband Beuel-Mitte hatte zu einer Bürgerversammlung eingeladen, und einmal mehr musste CDU-Vorsitzender Detlev Lehmann am Ende feststellen: "Es gibt einfach zu viele verschiedene Meinungen." Und CDU-Fraktionschef Günter Dederichs räumte ein: "Wir haben auch keine Patentlösung parat."

Problem Nummer eins scheinen fehlende Parkmöglichkeiten zu sein. Eine Anliegerin erinnerte daran, dass die Geschäftsleute seinerzeit nur unter der Voraussetzung der Fußgängerzone zugestimmt hätten, dass genügend Parkplätze geschaffen würden. Damals gab es noch die Stellplätze an der Ecke Obere Wilhelmstraße/Friedrich-Breuer-Straße. Aber der Platz wurde bebaut. Die Parkplätze entlang der Bahn seien von morgens bis abends von Park & Ride-Nutzern belegt. Und auch die Stellplätze "Am Heckelsberg" würden nicht den gewünschten Effekt bringen, obwohl die Hälfte der etwa 200 Parkplätze zeitlich beschränkt sind. "Aber eben viel zu lang", meinte einer. Übereinstimmend forderten die Geschäftsleute, das Parken maximal eine Stunde zu erlauben.

Ein Anlieger, der bereits seit 70 Jahren an der Oberen Wilhelmstraße wohnt, ereiferte sich: "Solch ein Chaos hat es noch nie gegeben. Wenn eine Frau mit dem Kinderwagen durchgeht, muss sie Slalom fahren." Schuld daran seien die verbotenerweise kreuz und quer parkenden Autos. Sein Vorschlag: Die Straße wieder dem allgemeinen Verkehr öffnen und Diagonaltaschen zum Parken schaffen.

Für Büroausstatter Paul Vieten, seit 1976 an der Oberen Wilhelmstraße ansässig, ist das überhaupt keine Geschäftsstraße mehr, und die Fußgängerzone, das war der "Totengräber". Ein anderer Geschäftsmann legte Lehmann eine detaillierte Dokumentation vor. Nach seiner Statistik gibt es dort noch 23 Geschäfte, darunter einen Zeitschriftenladen, einen Optiker, und einen Schlüsseldienst, fünf Arztpraxen, acht Kneipen, Restaurants und eine Eisdiele. Ein Ladenlokal stehe leer, zwei würden als Schauräume genutzt, seien also "de facto leer". Außerdem wisse er von drei Geschäften, die in nächster Zeit schließen würden. Er erinnerte an das Uni-Gutachten über die Versorgungssituation in Bonn von Professor Reinhold Grotz aus dem Jahr 1995. Für die Obere Wilhelmstraße empfahlen die Gutachter einen Schwerpunkt mit alternativen Läden, außerdem die Ausweitung der Öffnungszeiten und eine bessere Präsentation der Waren.

Nach Ansicht von Monika Krämer-Breuer, CDU-Bezirksverordnete und gebürtige Beuelerin, ist nicht die Fußgängerzone Schuld daran, dass dort die Laufkundschaft fehlt, sondern das Angebot: "Früher konnte ich dort meinen täglichen Bedarf decken. Das ist heute nicht mehr möglich. Der Metzger, der Bäcker, viele von damals gibt es heute nicht mehr." Auch Dederichs, selbst Geschäftsmann, meinte, die Ladenflächen, die dort zur Verfügung stünden, seien in der Regel einfach zu klein.

Dederichs steht einer Öffnung der Straße skeptisch gegenüber: "Eine klare Mehrheit gibt es dafür nicht. Die einen wollen von der Friedrich-Breuer-Straße aus öffnen, die anderen von der anderen Seite, und wieder Dritte wollen, dass es so bleibt, wie es ist." Auch die anwesenden Geschäftsleute sehen darin das größte Handicap bei der Zukunftsgestaltung ihrer Straße: "Ein Gemeinschaftsgefühl gibt es dort leider nicht", brachte Vieten es auf den Punkt. Allerdings wär man auch schon mit kleineren Hilfen zufrieden: So sollen etwa die Holz- und Betonkübel wieder verschwinden: "Da sammelt sich nur der Dreck."

Dederichs versprach, zu klären, welche rechtlichen Möglichkeiten es für Parkplätze an der Oberen Wilhelmstraße gebe. Er warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen. Schon aus Sicherheitsgründen und wegen der Straßenbahn gebe es nicht viele Möglichkeiten. Anlieger berichteten: Immer wieder würden Autos abgeschleppt, weil die die Schienen blockierten. Stadtwerke-Sprecher Werner Schui konnte das so nicht bestätigen: "Der Spitzenwert lag im vergangenen Mai. Da wurde die Bahn drei Mal blockiert." Eins ist wohl heute schon klar: Die nächste Bürgerversammlung kommt bestimmt.

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