Enge Räume schrecken den Architekten nicht
Freischaffende aus der Kreisstadt haben in Remagen und Ahrweiler ungewöhnliche Gebäude geschaffen, die sich zwei Tage lang den Besuchern öffnen und interessante Lösungen zeigen
Kreis Ahrweiler. Ungewöhnlich viel Licht fällt in den Raum, in dem Küche, Wohnzimmer und eine Galerie zum Verweilen einladen. Die Fensterflächen sind riesig ausgefallen, lassen den strahlenden Tag in die Räume. Die vierköpfige Familie Schütte fühlt sich sehr wohl in dem Anbau, wie Mutter Betina versichert. Kann sie auch, denn das weit in die Jahre gekommene Haus an der Bergstraße 47 in Remagen präsentiert sich jetzt in völlig neuem Gewand. Die Doppelhaushälfte von 1927 wurde von der Architektin Annette Bartsch neu gestaltet, gleichzeitig von 80 auf knapp 200 Quadratmeter erweitert durch Hinzunahme der ehemaligen Hof- und Scheunenanlage.
Das Gebäude fällt so aus dem Rahmen, hat einen so besonderen Charme, dass es beim Tag der Architektur am Samstag/Sonntag, 28./29. Juni, der Öffentlichkeit vorgestellt wird als "zeitgenössische Architektur, die aus dem allgemeinen Denkschema herausfällt", betont Armin Schmitz, der in einer Bürogemeinschaft mit Annette Bartsch zusammenarbeitet.
Der Architekt aus der Kreisstadt ist ebenfalls auserkoren, um an dem landesweiten Tag mitzumachen. Er wurde ausgewählt für sein Wohnhaus an der Grafschafter Straße 2 b in Ahrweiler, Bauherr Klaus Hehner. 156 Bewerbungen waren für den Tag bei der Landesarchitektenkammer eingegangen, 62 werden in anderthalb Wochen präsentiert.
"Wir können unser Handwerk den Bürgern zeigen, dokumentieren, dass es nicht nur Neubaugebiete und Reihenhäuser gibt, sondern auch ganz individuelle Konstruktionen und Projekte. Dazu muss man Bebauungspläne lesen und damit richtig umgehen können", erklärt Schmitz. Seine Kollegin erläutert anhand des Ausbaus in Remagen, was oft zu bedenken ist, bis ein Haus steht.
"Wir brauchten wegen der Abstandsregelungen, der Grenzbebauung und der Befreiung vom Bebauungsplan vier Unterschriften der Nachbarn und Behörden, um überhaupt anfangen zu können. Dass allein das geklappt hat, ist schon ein seltener Fall. Dann mussten wir Material mit dem Kran über das Altgebäude heben, ebenso Geräte. Denn das großelterliche Gebäude wurde während der Arbeiten weiter bewohnt", erinnert sich Bartsch. Mit viel Eigenleistung stiegen die Besitzer mit ein, so dass sich die Kosten auch bei sehr individuellen Wünschen im Rahmen hielten.
Ein neu angelegtes Innenhöfchen wurde in den Wohnbereich einbezogen und gewährt der angrenzenden Küche über eine Glasfassade großzügigen Lichteinfall. Der neue Wohnraum mit Galerie entstand auf dem Grundriss der ehemaligen Scheune und öffnet sich zur Südseite, dem Garten. Über einen Verbindungsgang im Obergeschoss, der gleichzeitig ein helles Ankleidezimmer ist, gelangt die Familie vom Dachgeschoss des Altbaus auf die neue Galerie, die später zum Elternschlafzimmer mit Bad ausgebaut werden kann. Am übernächsten Wochenende ist alles zu sehen und wird den Gästen erklärt.
Dann wartet Schmitz im von ihm konzipierten Neubau an der Grafschafter Straße 2 b. Das auf den ersten Blick futuristisch anmutende Wohnhaus liegt eingebettet zwischen Stadtmauer und den Weinbergen. "Anlehnend an die klassische Moderne, scharfkantig, strahlend weiß und auf das Wesentliche reduziert, hebt sich das Gebäude ab. In ihm gehen die Raumvolumina ineinander über und schaffen so Blickbeziehungen zwischen den versetzten Wohnebenen.
Die Raumaufteilung verzichtet auf die typischen Grundrissklischees und ermöglicht trotz kleinster Fläche ein komfortables Wohnen, ohne jegliches Gefühl von Enge aufkommen zu lassen. Geheizt wird das Gebäude über einen Gas-Brennwertkessel, eine Solaranlage sowie Wärmerückgewinnung", umschreibt der Architekt sein Werk. Auf engstem Raum entstand der Neubau, der augenfällig modernste Gestaltungselemente aufgreift.