Entspannung am Rheinufer in Bad Honnef: Der Pegel sinkt

Dem Schrecken über die rasant steigende Flut folgte am Sonntag die Erleichterung - Kälteeinbruch stoppte den Dauerregen - Der Höchststand war am Samstag erreicht

Entspannung am Rheinufer in Bad Honnef: Der Pegel sinkt
Foto: Homann

Bad Honnef/Kreis Neuwied. Das Schlimmste haben die Rheinanlieger zwischen Neuwied und Niederdollendorf vorerst hinter sich. Die Nachricht, dass das Hochwasser des Rheins seinen Höhepunkt überschritten habe, zauberte am Samstagabend ein unsicheres Lächeln in die Gesichter der betroffenen Menschen.

Nach dem Schrecken über die rasant steigende Flut am Freitag konnten es viele Rheinanlieger am Sonntag noch nicht fassen, dass die zunächst erwarteten Rekordwerte ausgeblieben sind. "Wir sind noch einmal davongekommen", meinte ein Königswinterer Geschäftsmann erleichtert. "Eine weitere “Jahrhundertflut„ nach 1993 und 1995 hätte uns sicher schlimm getroffen."

Um mehrere Zentimeter stündlich sanken am Sonntag die Pegel. Und weil kein neuer Regen mehr angekündigt war, rechnete das Hochwassermeldezentrum Mainz mit einem weiteren Rückzug der Fluten. Der Pegel Andernach erreichte am Samstagnachmittag den Höchstwert von 9,19 Metern. Am Sonntag betrug er um 17 Uhr 8,84 Meter, Tendenz weiter fallend.

Dennoch trauten viele Anwohner in Niederdollendorf dem Frieden am Sonntag noch nicht so recht. Heruntergelassene Rollläden und Sandsäcke prägten weiterhin das Bild entlang der Hauptstraße, die von den Wassermassen jedoch verschont blieb.

Als unnötige Vorsichtsmaßnahme erwies sich denn dort auch die Räumung eines Autohauses - sämtliche Fahrzeuge waren aus der gläsernen Ausstellungshalle gebracht worden. Weniger Glück hatten die Bewohner der unmittelbar an der Promenade gelegenen Häuser. Ihren Gärten, Kellern und Garagen stattete der Rhein einen Besuch ab.

Allerdings hatte die Feuerwehr Königswinter unter Leitung von Stadtbrandinspektor Michael Bungartz die Hochwasserlage mit 40 Kräften des Löschzuges Altstadt und der Löschgruppen Ober- und Niederdollendorf stets unter Kontrolle. In zahlreichen Rheinstraßen hatten die Wehrleute zuvor Stege aufgebaut und in einigen Gassen Hochwasserboote postiert. Beschäftigt war die Wehr außerdem mehrfach mit geparkten Autos, die in den Fluten zu versinken drohten.

Probleme bereitete den Helfern außerdem steigendes Grundwasser in verschiedenen Tiefgaragen. Ein Anruf eines besorgten Autobesitzers erreichte die Königswinterer Wehrleute gar aus Peru: Auch dem Urlauber konnte geholfen werden, sein Fahrzeug wurde ebenfalls vor den Wassermassen gerettet.

Im Gerätehaus gab die Feuerwehr Sandsäcke aus, von denen der Baubetriebshof insgesamt 3 000 Stück gefüllt hatte. Wie sich bereits am Samstagmorgen in einer Einsatzbesprechung zeigte, konnte angesichts der Entspannung die Zahl der Kräfte schon zu diesem Zeitpunkt um die Hälfte reduziert werden.

Obwohl auch die in Rheinnähe gelegenen Hotels über das gesamte Wochenende erreichbar blieben, hatte sich am Samstagabend über die Königswinterer Altstadt gespenstische Stille gelegt, die nur hin und wieder von unregelmäßigen Pumpengeräuschen unterbrochen wurde.

"Man kann von einem ruhigen Einsatzverlauf sprechen", meinte denn auch Michael Bungartz in einer vorläufigen Bilanz. Das Zusammenspiel von Stadtverwaltung und Feuerwehr habe gut funktioniert. Bereits am Montag können laut Bungartz die technischen Geräte abgebaut werden.

Mittlerweile richtet sich der Blick der Einsatzleitung auch auf den eingetretenen Frost: Mit Streusalz soll drohenden Eisflächen zu Leibe gerückt werden. Bürgermeister Peter Wirtz, der an der Besprechung teilnahm, dankte den Helfern für ihre Arbeit. "Die Zeichen stehen auf Entspannung. Für die betroffenen Bürger hoffen wir, dass sie möglichst von Hochwassertouristen verschont bleiben", sagte Feuerwehrsprecher Lutz Schumacher am Sonntagnachmittag.

Bis auf weiteres eingestellt bleibt neben dem Betrieb der Autofähren auf dem Rhein auch der der Bahnlinie 66; so lange der Pegel Andernach die Sieben-Meter-Marke hält, wird sie zwischen Oberdollendorf und Bad Honnef durch Busse ersetzt.

Gesperrt bleiben vorerst auch die Uferstraße zwischen Königswinter und Rhöndorf sowie die Unterführung Am Steinchen.

Von den Schrebergärten an der Rheinpromenade und einigen Häusern in Rhöndorf abgesehen, blieb das Stadtgebiet Bad Honnef vom Hochwasser weitgehend unbeschadet. Dafür, dass die wenigen betroffenen Bürger ihre Häuser trockenen Fußes erreichen konnten, sorgte hier das Technische Hilfswerk mittels Stege.

Weitaus kritischer war die Situation da schon in den Orten rheinaufwärts, wo ebenfalls zahlreiche haupt- und ehrenamtliche Helfer unermüdlich im Einsatz waren: In Unkel hatte sich das Wasser der Rheinpromenade und der B 42-Unterführung an der nördlichen Stadteinfahrt bemächtigt. Selbst auf der Kamener Straße stand das Wasser bis in Höhe der Schulstraße. Die B 42 musste zwischen dem Abzweig nach Bruchhausen und dem südlichen Stadtrand von Linz gesperrt werden.

In Erpel, das am Samstag nur über die Erpeler-Ley-Straße zu erreichen war, hatten zahlreiche Bürger ihr Hab und Gut in höhere Stockwerke geräumt oder hoch aufgebockt. Auch manche Geschäfte in den Rheingassen und in der Kölner Straße waren eilends leer geräumt worden. Vor zahlreichen Haustüren türmten sich auch hier Barrieren aus Sandsäcken. Aus etlichen Häusern ragten zudem mit Pumpen verbundene Schläuche, aus denen Wasser aus den Kellern sprudelte.

Bei einigen Bürgern in Linz mischte sich in die Erleichterung über die ausgebliebene Rekordflut Ärger über die Stadtverwaltung. Gegenüber dem GA klagten sie darüber, dass das Ordnungsamt im Stadtteil Linzhausen ausgerechnet am Freitag Halteverbotsschilder aufgestellt habe - und das in einer Straße, in der kurz zuvor Anwohner der vom Hochwasser bedrohten Straßen ihre Autos abgestellt hatten. Die Linzer Behördern waren am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Obwohl die Pegel derzeit weiter sinken, gibt es bislang noch keine offiziellen Prognosen darüber, wann die B 42 wieder frei gegeben wird. Beim Abfließen hinterlässt das Wasser erfahrungsgemäß eine Menge Treibgut. Erst wenn die Straße gereinigt wurde, kann dort statt "Vater Rhein" wieder der Verkehr fließen.

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