GA-Interview mit Wally Feiden Ernst, aber nicht hoffnungslos

Bad Honnef · Ernst, aber nicht hoffnungslos: So steht es um die Finanzen Bad Honnefs. Am 21. Juni soll der erste Doppelhaushalt in der Geschichte der Stadt verabschiedet werden. "Sparen, ohne dass es jemand merkt, geht nicht", sagt Bürgermeisterin Wally Feiden. Mit ihr und Kämmerin Sigrid Hofmans sprach Claudia Sülzen.

 "Wünsche zu erfüllen geht nicht": Bürgermeisterin Wally Feiden (links) und Kämmerin Sigrid Hofmans bauen bei den Finanzen auf eine dezidierte Aufgabenkritik mit der Kommunalpolitik.

"Wünsche zu erfüllen geht nicht": Bürgermeisterin Wally Feiden (links) und Kämmerin Sigrid Hofmans bauen bei den Finanzen auf eine dezidierte Aufgabenkritik mit der Kommunalpolitik.

Foto: Frank Homann

Es gab diesmal keine offizielle Haushaltseinbringung. Warum?

Wally Feiden: Ich sage Ihnen ganz offen: Es ist nicht mehr zeitgemäß, mit einer huldvollen Rede den Haushalt einzubringen. Alle wissen, er wird wie die Einbringungsrede online gestellt. Warum soll man da im Rat noch zuhören? Zudem war die Zeit sehr eng.

Sigrid Hofmans: Wir haben bis zur letzten Minute daran gearbeitet, da wir per Innenminister-Erlass eine Zehn-Jahres-Betrachtung der Finanzen beifügen mussten.

Warum ein Doppel-Haushalt?

Feiden: Weil wir aus den Haushaltsarbeiten das ganze Jahr über nicht mehr heraus kamen. Wir müssen in der Kämmerei wieder mal durchatmen können, weil sonst wichtige Aufgaben zu kurz kommen. Ich bin nicht bange, das zu sagen: Sonst leidet das Controlling. Das kann und darf nicht sein. Das Controlling ist eine derart wichtige Aufgabe, wir müssen uns da nach der Decke strecken.

Was hat es mit der Zehn-Jahres-Betrachtung auf sich?

Feiden: Wir hatten uns, da es sich um eine Soll-Bestimmung handelt, dagegen entschieden, weil eine Zehn-Jahres-Betrachtung an Kaffeesatzleserei grenzt. Als wir gerade den Haushalt einbringen wollten, kam von der Kommunalaufsicht: Wenn eine Kommune ein nicht genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufstellt, also im Nothaushalt ist, dann muss sie die Betrachtung machen. Da konnten wir von vorne anfangen.

Hofmans: Der Erlass des Innenministers von August 2011 schreibt genau vor, wie das zu machen ist. Es ist sehr, sehr aufwendig. Freiwillig wollten wir uns das nicht antun. Nun hat die Verpflichtung immerhin dazu geführt, dass wir im neunten Jahr einen leichten Überschuss ausweisen.

Ob es so kommt, weiß man aber jetzt noch nicht?

Hofmans: Natürlich nicht, das ist von vielen Faktoren abhängig, von der Steuerentwicklung etwa. Wenn Sie so wollen, ist es eine Fiktion auf Basis des Ist-Zustandes, der fortgeschrieben wird. Die Steuern hatten Bad Honnef in den Vorjahren ja meist positive Überraschungen bereit gehalten. Bad Honnef ist nach wie vor eine steuerstarke Kommune, deshalb kriegt die Stadt ja keine Schlüsselzuweisungen vom Land - und wir haben auch bis 2021 keine eingerechnet.

Feiden: Mir war lange nicht klar: Dadurch, dass der Zehn-Jahres-Zeitraum als Einheit gesehen wird, sind wir, wenn jetzt die Etat-Genehmigung kommt, von Stund an keine Nothaushaltskommune mehr. Das halte ich für eine Mogelpackung. Ich prügele jetzt wahrscheinlich meine eigene Landesregierung. Aber ich bin sehr empfindlich bei Dingen, die mir nicht ganz ehrlich und transparent erscheinen. Dazu gehört: Wenn ich 2020 mutmaßlich eine schwarze Null schreiben kann, ist Bad Honnef ab sofort keine Nothaushaltskommune mehr - und geht als solche in die Statistik ein, obwohl die Lage anders ist.

Hofmans: Aber es hat auch sein Gutes. Wichtig ist mir, dass die Stadt trotz der Defizite nicht in die Überschuldung kommt, also das Eigenkapital nicht aufgebraucht wird. Es wird geschmälert, aber aus heutiger Sicht ist es auch in zehn Jahren nicht aufgezehrt.

Einfacher geworden ist es im Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) nicht?

Feiden: Ganz und gar nicht. Ich glaube, ich trete da niemandem auf die Füße: Auch in unserer Verwaltung tun sich viele, die Budgetverantwortung haben, schwer schon bei der Mittelanmeldung. Daher ist es wichtig, Ziele und Kennzahlen zu entwickeln, an denen sich die Verwaltung ebenso wie der Rat orientieren kann. Diese Aufgabe haben wir jedoch wegen der Organisationsreform zurückstellen müssen. Die Aufbauorganisation ist annähernd umgestellt. Im Sommer werden wir mit der Politik die Aufgabenkritik beginnen. Dann lassen sich für die neue Struktur passende Kennzahlen erarbeiten.

Große Sprünge machen kann Bad Honnef nicht?

Feiden: Nein. Und das ist meine Sorge bei dieser Zehn-Jahres-Betrachtung. Ich habe alle Hände voll zu tun, im Haus und auch in der Politik, keine Begehrlichkeiten entstehen zu lassen, wenn wir damit formell aus dem Nothaushalt heraus sind. Wünsche zu erfüllen geht nicht. Jede Ausgabe muss gegengerechnet werden, nicht irgendwo, sondern Mehrausgaben bei freiwilligen Leistungen etwa auch bei freiwilligen Leistungen.

Hofmans: Wir gehen davon aus, dass die Kommunalaufsicht zur Auflage macht, dass die freiwilligen Leistungen nicht steigen dürfen. Das hatte sie auch 2011 getan.

Wird der Bürger merken, dass gespart wird?

Feiden: Wichtig für Bürger und Gewerbetreibende ist: Steuererhöhungen sind im Etat-Entwurf 2012/2013 für den ganzen Zehnjahreszeitraum nicht vorgesehen. Übrigens sehe ich es nicht als Aufgabe der Verwaltung an, solche vorzuschlagen. Ich würde den Ball gerne ins politische Feld schlagen. Der Bürger wird Einsparungen in meinem Etat merken, da nicht alle Dienstleistungen in gewohntem Umfang erfüllt werden können.

Welche?

Feiden: Ich höre schon die Klagen: Die Stadt verdreckt immer mehr, weil wir etwa die Reinigungsintervalle strecken müssen. Und Sie haben die Not mitbekommen im Bürgerbüro Aegidienberg: Es kann doch nicht sein, dass wir mal eben unsere Außenstelle schließen müssen. Dass wir Einschnitte machen müssen, werde ich jetzt nicht mehr verhindern können. Aber es ist enorm wichtig, dass die Ortslage auf dem Berg eigene Strukturen hat und behält, da habe ich die Politik hinter mir. Wir wollen dort Ansiedlung, das soll unser Zukunftsland sein. Wenn wir die Außenstelle wollen und brauchen, heißt das, es wird im Bürgerbüro im Tal enger.

Wo wird investiert?

Feiden: Da müssen wir ganz klar sagen: Neben der Linzer Straße und der Feuerwache Rhöndorf, die wir bauen wollen und müssen, bleibt nicht mehr viel. Mit der Sporthalle Aegidienberg, für die es ja eine große Spende gibt, auf der wir aufbauen können, müssen wir sehen, wie wir das haushalterisch dargestellt bekommen. Ich bin zuversichtlich, dass das klappt.

Hofmans: Investiert wird auch in Fahrzeuge für die Feuerwehr. Wichtig ist auch, dass wir die Ausgaben senken, bei den Personalkosten sind wir schon erfolgreich. Dazu trägt maßgeblich die Umstrukturierung im Rathaus bei, die empfindlich zu Lasten der Kollegen geht, dennoch von allen getragen wird. Das darf und muss man auch mal lobend erwähnen.

Feiden: Und es wird oft vergessen, dass wir durch das Jugendamt 15 Stellen mehr haben als früher.

Was wünschen Sie sich aktuell?

Hofmans: Den Fokus auf die Aufgabenkritik im Herbst.

Feiden: Das ist nicht nur mein Wunsch, sondern mein Plan.

Wo steht Honnef in zehn Jahren?

Feiden: Ich hoffe, wenn die wirtschaftliche Entwicklung im ganzen Land so weiter geht und wir uns in Bad Honnef vorsichtig, bescheiden, aber beharrlich weiterentwickeln und nicht unbeeinflussbare Verwerfungen wie der Wegzug des KSI kommen, dass wir dann besser dastehen als heute. Natürlich habe ich auch den Gewerbepark Dachsberg im Auge und andere Stellen, an denen sich Gewerbe entwickeln kann. Ebenso die Innenstadt: Die Innenstädte haben überall ein hartes Brot zu kauen, sie sind aber wichtig für das Wir-Gefühl. Nicht zuletzt muss man darauf achten, dass bei allem Sparzwang die Lebensqualität, die vor allem von freiwilligen Leistungen wie Bücherei, Kultur und Sport getragen wird, erhalten bleibt.

Zu den Personen

Wally Feiden wurde 1940 in Bockau/Schlesien geboren. 1961 legte sie ihr Abitur in Vechta/Oldenburg ab, studierte Germanistik und Anglistik in Bonn (Staatsexamen 1967) und arbeitete als Journalistin. Seit 1976 Aegidienbergerin, vertrat sie die SPD ab 1979 in Ausschüssen des Stadtrates, war dessen Mitglied von 1984 bis 2004. Seit 2004 ist sie hauptamtliche Bürgermeisterin. Feiden ist verheiratet, hat zwei Kinder und drei Enkel. Sigrid Hofmans ist seit 1980 bei der Stadt Bad Honnef beschäftigt, war u.a. Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes. Seit 2003 ist sie Stadtkämmerin. Mit ihrer Familie lebt sie in Asbach.

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