Ex-Bauunternehmer aus Siegburg soll Arbeiter und Staat betrogen haben

Komplett gefüllt war der größte Verhandlungssaal des Bonner Landgerichts - allerdings nicht im Zuschauerraum, sondern auf der Anklagebank vor der Wirtschaftsstrafkammer.

Siegburg. Komplett gefüllt war am Donnerstagmorgen der größte Verhandlungssaal des Bonner Landgerichts - allerdings nicht im Zuschauerraum, sondern auf der Anklagebank vor der Wirtschaftsstrafkammer: Neben einem 58 Jahre alten Ex-Bauunternehmer aus Siegburg mussten vier weitere Männer im Alter zwischen 33 und 52 Jahren - darunter der Sohn des Hauptangeklagten - Platz nehmen.

Dem ehemaligen Geschäftsführer der Baufirma wird das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Lohnsteuerhinterziehung, Betrug und das Nichtmelden von Sozialversicherungsbeiträgen vorgeworfen. Zwischen März 2005 und Dezember 2007 soll ein Gesamtschaden von rund vier Millionen Euro entstanden sein. Den Mitangeklagten wird Beihilfe zur Last gelegt. Die Firma war unter anderem an großen Baustellen des Kölner Rheinau-Hafens und einer Geschäftszeile in Aachen beteiligt.

Der bereits zwei Mal einschlägig in Erscheinung getretene Hauptangeklagte soll durch Ermittlungen des Zolls aufgeflogen sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das inzwischen insolvente und abgewickelte Unternehmen des 58-Jährigen vor allem in Polen und Rumänien Arbeiter mit falschen Versprechungen anwarb und nach Deutschland lockte. Anstatt der versprochenen Festanstellung mit festem Stundenlohn sei den Männern lediglich ein Handgeld gezahlt worden.

Selbst nach einer ersten Durchsuchung Mitte 2007 soll der 58-Jährige im Hintergrund weiter die Fäden gezogen haben. Seit der zweiten Durchsuchung im Januar 2008 türmen sich im Keller des Landgerichts 75 Umzugskartons mit Beweismitteln. Aufgrund dieser "riesigen Berge von Unterlagen", so der ermittelnde Staatsanwalt, zogen sich die Ermittlungen über drei Jahre.

In diesem Fall arbeitet die Staatsanwaltschaft anscheinend erstmals mit der so genannten "elektronischen Zweitakte". Dafür wurden die prozessrelevanten Unterlagen eingescannt und sind nun per Laptop jederzeit abrufbar.

Nachdem der Staatsanwalt am Donnerstag die Anklage verlesen hatte, kündigten die Verteidiger an, dass sich ihre Mandanten an den kommenden Verhandlungstagen zu den Vorwürfen äußern wollen. Die Kammer hat zunächst neun weitere Termine geplant. In der kommenden Woche wird der Prozess fortgesetzt.

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