Ex-Frau soll für untergeschobenen Sohn zahlen

Der angebliche Stammhalter ist ein Kuckuckskind - Nun verlangt 44-jähriger Familienvater vor dem Bonner Landgericht 15 000 Euro Schmerzensgeld, weil Ehefrau seine Sterilisation nicht verhinderte

Bonn. In Scheidungssachen sind die Gerichte ja allerlei gewöhnt, doch so einen Fall hatte man noch nicht: Vor der 4. Zivilkammer des Landgerichts fordert ein geschiedener Familienvater von seiner Ex-Frau 15 000 Euro Schmerzensgeld, weil sie ihm ein Kuckuckskind als eigenen Sohn unterschob - und dennoch seine Sterilisation nicht verhinderte.

Nun sei seine Chance auf einen Stammhalter auf immer dahin, und sie müsse zahlen, weil sie als Ehefrau eine Garantenstellung gehabt habe. Dass dieser Fall kein gütliches Ende nehmen kann, wird beim ersten Blick auf den Kläger klar, der sichtlich verbittert seiner Ex-Frau gegenübersitzt und nun erst einmal Prozesskostenhilfe fordert.

Als er im Sommer 2003 die Wahrheit erfuhr, brach seine Welt zusammen, wie er sagt. Dabei sei anfangs alles perfekt nach Plan gelaufen: Nach der Hochzeit 1984 hätten er und seine Frau sich zuerst eine Existenz aufgebaut und sechs Jahre später an Kinder gedacht. Und die Freude war groß, als 1994 endlich der Stammhalter geboren wurde.

1998 kam eine Tochter hinzu, und man habe übereinstimmend beschlossen, dass er sich nun sterilisieren lassen sollte. So sei es geschehen. Doch im Sommer 2003 sei er in Folge von Eheproblemen und aufgescheucht durch entsprechende Veröffentlichungen auf die Idee gekommen, seine Vaterschaft per DNA-Analyse überprüfen zu lassen - und beim Ergebnis aus allen Wolken gefallen: Die Tochter war von ihm, nicht aber der Sohn. Deshalb zahlt er auch für den heute Elfjährigen keinen Cent Unterhalt an die Frau, von der er Ende 2004 geschieden wurde. Nun, so der verbitterte Mann vor Gericht, könne mal der leibliche Vater zahlen.

Mit der rechtlichen Einschätzung, die Ex-Frau habe eine Garantenpflicht gehabt, kommt der 44-Jährige jedoch bei Gericht nicht an. Kammervorsitzender Ulrich Suchan räumt zwar ein, dass die Zeugungsfähigkeit an sich ein hohes Gut sei, gibt ihm aber zu bedenken, dass er sich freiwillig zur Sterilisation entschlossen habe. Das aber, so beschwert sich der Kläger, hätte er doch nie getan, wenn er gewusst habe, dass er gar keinen Sohn habe.

Da bemüht der Richter Lessings Ringparabel und fragt: "Was macht den Vater zum Vater und den Sohn zum Sohn? Die reine Zeugung oder ihr Verhältnis?" Und als der 44-Jährige über den finanziellen, zeitlichen und emotionalen Aufwand für seinen Nicht-Sohn klagt, gibt ihm der Richter zu bedenken: "Dafür haben Sie doch auch etwas zurückbekommen. Denken Sie doch daran, wie sich seine kleine Hand in Ihrer anfühlte." Und wie schwer es für den Jungen nun sei, damit leben zu müssen, dass der Vater gar nicht sein Vater ist.

"Ihr Fall", gibt der Richter zu, ist so selten, dass der Gesetzgeber das nicht geregelt hat." Aber aus keinem der bestehenden Gesetze könne ein Entschädigungsanspruch abgeleitet werden. Worum es hier gehe, sei eine Verfehlung in der Ehe, und da gebe es nun mal keine Pflicht zur Aufklärung. Und dann redet Richter Suchan dem Mann ins Gewissen: "Ich habe den Eindruck, dass Sie tief gekränkt sind und Ihre Ex-Frau dafür zahlen soll."

Die 41-Jährige sitzt um Fassung bemüht neben ihrer Anwältin und schüttelt nur ab und zu den Kopf. Sie habe, so beteuert sie, doch auch nicht gewusst, ob der Junge der Sohn ihres Mannes oder ihres damaligen Liebhabers war. Zur Einigung kommt es nicht, der Richter muss nun ein Urteil fällen.

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