Landgericht Bonn Ex-Polizist kam mit Kumpel und Totschläger

SANKT AUGUSTIN/BONN · Am liebsten hätte der Mann im Zeugenstand den 18. Mai 2012 endlich vergessen, wie er sagt. Aber nun ist er gezwungen, sich noch einmal genau an das zu erinnern, was ihm der Mann auf der Anklagebank und dessen Freund, ein Ex-Polizist, angetan haben.

Das Duo trat die Tür zu seiner Sankt Augustiner Wohnung ein, schlug mit den Fäusten und einem Totschläger auf ihn ein und trat ihn auch noch zusammen, als er auf dem Boden lag. Wegen gefährlicher Körperverletzung wurden die beiden im März vom Amtsgericht Siegburg verurteilt.

Doch während der 54-jährige Ex-Beamte die Tat gestand und seine Verurteilung zu neun Monaten Haft auf Bewährung akzeptierte, bestritt der 52-jährige Zeitungszusteller die Tat und legte gegen die einjährige Bewährungsstrafe Berufung ein.

Er habe seinen Freund, den Ex-Polizisten und heutigen Sicherheitsmann nur begleitet, um "zu deeskalieren". Und geschlagen habe er gar nicht, vielmehr den vor Wut rasenden Freund sogar vom Opfer weggezogen, beteuert er nun vor der Berufungsstrafkammer des Bonner Landgerichts.

Das 39-jährige Opfer aber hat eine ganz andere Erinnerung und schildert, was damals geschah: Weil der Ex-Polizist, den er gut kannte, ihm geschuldetes Geld und auch Werkzeug trotz mehrmaliger Bitten nicht zurück gegeben habe, habe er am 17. Mai seine Drohung wahr gemacht, dessen Frau angerufen und ihr gesagt, ihr Mann sei ein Säufer und gehe fremd. "Nicht die feine Art", kommentiert Richter Eugen Schwill. Das gibt der 39-Jährige zu, wendet jedoch ein: "Das ist doch kein Grund, mich halb tot zu schlagen."

Denn genau das habe der Ex-Polizist zusammen mit seinem Freund am nächsten Tag getan: Die beiden hätten plötzlich bei ihm in der Wohnung gestanden, beide hätten schwarze Handschuhe getragen. Der Angeklagte habe mit dem Totschläger auf seinen Kopf und Körper eingeschlagen, der Ex-Polizist ihn mit Fäusten und Tritten malträtiert. Er habe sich bewusstlos gestellt und gehört, bevor die beiden gingen: "Wenn du zur Polizei gehst, bist du tot."

Tatsächlich rief nicht er die Polizei, sondern ein Nachbar. Er selbst hatte solche Angst, dass er der Polizei erst Wochen später die Namen der Täter verriet. Zum Prozess in Siegburg ging er unter Polizeischutz, weil er zuvor noch drohende Anrufe erhalten hatte. "Ich bin froh, dass ich das überlebt habe und hatte alles verdrängt. Nun kommt der ganze Mist wieder hoch", sagt der Zeuge bitter. Er musste damals am Kopf genäht werden, hatte Prellungen und Hämatome an ganzen Körper.

Staatsanwalt und Gericht machen dem Angeklagten klar, dass sie dem Zeugen glauben. "Das hört sich nach einem gezielten Rachefeldzug an", stellt der Richter fest und rät ihm, das eigentlich viel zu günstige Urteil anzunehmen. Nach Beratung mit seiner Anwältin nimmt der Angeklagte die Berufung zurück.

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