Flüchtlinge in Bonn Familien haben Recht auf Kindergartenplatz
Junge Flüchtlinge haben wie alle anderen ein Recht auf einen Kindergartenplatz. Da die Stadt aber nicht weiß, wie viele Asylbewerber in nächster Zeit kommen, ist die Planung von Betreuungsplätzen schwierig.
Immer mehr Flüchtlingsfamilien kommen nach Bonn. Da sorgen sich Eltern von noch nicht schulpflichtigen Kindern - meist hinter vorgehaltener Hand -, um ihre Chancen auf die heiß begehrten Plätze in Kindertagesstätten. Wird sich die Lage aufgrund des aktuellen Flüchtlingszustroms in den Kitas noch verschärfen? Mit Familiendezernentin Angelika Maria Wahrheit sprach Ebba Hagenberg-Miliu.
Ab wann haben Flüchtlingskinder Anspruch auf Betreuungsplätze?
Angelika Maria Wahrheit: Seit der Einführung eines Rechtsanspruches für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr haben alle Kinder an ihrem Wohnort einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einem Kindergarten oder in einer Tagespflegestelle. Der Flüchtlingsstatus ist dafür unerheblich. Der Besuch eines Kindergartens ist ein wesentlicher Baustein für eine gelingende Integration. Hier werden unter anderem Sprachkenntnisse vermittelt, die für die gesamte Bildungsbiografie von grundlegender Bedeutung sind.
Wie viele nicht Deutsch sprechende Kinder in Bonn haben aktuell Anspruch?
Wahrheit: Die Frage kann zurzeit nicht seriös beantwortet werden.
Wie viele Flüchtlingsfamilien nehmen das Angebot überhaupt in Anspruch?
Wahrheit: Da der Status "Flüchtling" für den Wunsch nach einem Kindergartenplatz unerheblich ist, hat die Stadt keine Daten, die eine Beantwortung der Frage ermöglichen. Ob ein Kindergartenplatz in der Nähe des Wohnortes verfügbar ist, muss von Fall zu Fall geprüft und entschieden werden.
Aus welchen Ländern stammen die meisten Familien?
Wahrheit: Die fünf am stärksten vertretenen Herkunftsländer bei den von der Stadt untergebrachten Flüchtlingen sind Syrien, Albanien, Irak, Serbien und Afghanistan.
Wer bezahlt die Kitagebühren?
Wahrheit: Es gilt die Elternbeitragssatzung. Bis zu einem Jahreseinkommen von 15.000 Euro werden keine Elternbeiträge erhoben. Für die ganz überwiegende Zahl der Flüchtlingskinder werden deshalb keine Elternbeiträge zu zahlen sein.
Werden Flüchtlingskinder in regulären Gruppen betreut?
Wahrheit: Ja. Dort werden sie zuerst sozial und emotional integriert und betreut. Sie nehmen am Gruppenalltag teil und erhalten zusätzlich zur alltagsintegrierten Sprachbildung Förderangebote zum Erwerb der deutschen Sprache.
Ist man in Kitas gewappnet bei möglichen Traumatisierungen der Kinder?
Wahrheit: In den Kitas sind ausschließlich sozialpädagogische Fachkräfte beschäftigt, die in der Lage sind, Traumata bei den ihnen anvertrauten Kindern zu erkennen und gegebenenfalls externe Hilfe hinzuzuziehen. Die Leiter der städtischen Einrichtungen wurden im Rahmen einer Leitungskonferenz im April 2015 über Möglichkeiten der Hilfe und Ansprechpartner bei konkreten Fragen informiert. An der Leitungskonferenz haben die psychologische Beratungsstelle der Stadt Bonn, die Familienhilfe und die Fachstelle für Integration teilgenommen.
Wie lautet die Prognose über den Zuzug von kleinen Kindern?
Wahrheit: Der Stadtverwaltung liegen keine validen Zahlen vor, wie viele Flüchtlinge im Kindergartenalter nach Bonn kommen. Nach den Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend könnten in Bonn langfristig zusätzlich etwa 300 Plätze in Tageseinrichtungen für Kinder und in Tagespflege erforderlich werden. Das Amt für Kinder, Jugend und Familie wird dies im Rahmen der nächsten Kindergartenbedarfsplanung berücksichtigen. Die Schaffung neuer Kindergartenplätze ist nur mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf möglich.
Könnten Bürger hier helfen?
Wahrheit: In Kitas werden ausschließlich sozialpädagogische Fachkräfte beschäftigt. Ein ehrenamtliches Engagement zur Unterstützung der Erzieher ist aber grundsätzlich möglich. Dies muss im Einzelfall mit den Einrichtungen abgestimmt werden.
Wie viele Kitaplätze beziehungsweise Tagespflegeplätze gibt es? Wie lang sind Wartelisten?
Wahrheit: Im laufenden Kindergartenjahr stehen in Bonn circa 12 700 Plätze in Kitas und Tagespflegestellen zur Verfügung. Der Ausbau des Kindergartenangebotes ist noch nicht abgeschlossen. Nach der Kindergartenbedarfsplanung, die der Stadtrat am 4. Februar beschlossen hat, müssen in Bonn noch mehr als 800 Plätze für Kinder von vier Monaten bis zum Schuleintritt geschaffen werden, um die Zielquoten von 50 Prozent für U 3-Kinder und 100 Prozent für Kinder über drei Jahren zu erreichen. In der Kindergartenbedarfsplanung waren auf der Grundlage der seinerzeit erkennbaren Zuwanderung vorsorglich bereits 100 Plätze für Kinder aus Flüchtlingsfamilien vorgesehen.
Reichen die 100 zusätzlichen Kitaplätze für Flüchtlinge aus?
Wahrheit: Bei Weitem nicht. Planerisch ist von weiteren 200 Kindergartenkindern unter den Flüchtlingen auszugehen. In der Fortschreibung der Kindergartenbedarfsplanung wird dies berücksichtigt werden. Dem Familienbüro des Amtes sind freie Plätze in Bonner Tageseinrichtungen bekannt. Auf der Warteliste des Familienbüros stehen derzeit noch etwa 300 Kinder, davon zwei Drittel Kinder unter drei Jahren.
Kontakt zum städtischen Servicetelefon Familienbüro: 0228/774070