Fern von der Basis

Kommentar

Es mag sein, dass sich Michael Jung gegenüber Vertretern der Kurie im Ton vergriffen hat. Es mag auch sein, dass der Pfarrer mit der einen oder anderen Forderung aus der Sicht des Erzbistums übers Ziel hinaus geschossen ist. Sicherlich hat er mit der Verweigerung der Visitation durch Weihbischof Heiner Koch in seinem Seelsorgebereich gegen Kirchenrecht verstoßen.

Doch: Wenn das alles ist, was ihm vorgeworfen werden kann, wirkt die Entscheidung von Kardinal Joachim Meisner, den Pfarrer per Amtsenthebung zu disziplinieren, überzogen und unverhältnismäßig. Zumal Meisner, der innerkirchliche Angelegenheiten eher ungern öffentlich austrägt, selbst auch noch die Medien über seine Strafaktion informierte.

Die Reaktionen hat er wohl unterschätzt. Der betroffene Pfarrer, bekanntermaßen ein Mann mit Ecken und Kanten, bleibt sich treu und widersetzt sich, und in der Gemeinde hat sich nach erster Fassungslosigkeit inzwischen Wut breit gemacht. "Sind wir denn noch nicht genug gestraft?", fragen die Gläubigen an der Basis, von der sich die Kirchenoberen - so ihre Kritik - längst weit entfernt haben.

Die Meckenheimer denken dabei auch an die vom Erzbistum verordneten Umstrukturierungen. Die Folgen waren schmerzhaft: Fusionen von Pfarrgemeinden als Folge des Priestermangels, Auflösungen von Kindergärten und Verkauf von Pfarrhäusern und Pfarrsälen als Konsequenz des Programms "Zukunft heute", dazu läuft unter dem Titel "Wandel gestalten - Glauben entfalten, Perspektive 2020" schon die nächste Reform.

Die Rolle, die den Pfarrern dabei zugeteilt ist, gleicht der eines Verwalters, Managers und Abwicklers. Für den seelsorgerlichen Dienst am Menschen, der ureigenen Aufgabe jedes Geistlichen, bleibt nur noch wenig Raum. Viel zu wenig, wie Michael Jung immer wieder bemängelt hat. Dies war stets die Triebfeder für sein Aufbegehren gegen die erzbischöfliche Kurie. Und das sollte ihm der Kardinal zugute halten.

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