Freiwilligendienst auf zwei Kontinenten: Honnefer Zwillinge sind zurück

Carina und Silvia Grundmann haben in Afrika und Südamerika über ein Jahr lang Gutes getan

Freiwilligendienst auf zwei Kontinenten: Honnefer Zwillinge sind zurück
Foto: Privat

Bad Honnef. Ihr Leben könnte nicht unterschiedlicher sein. Die eine wohnt in Afrika in der Metropole. Die andere in Südamerika in einem Dorf weit ab der Stadt. Und doch könnten sich die beiden jungen Frauen nicht ähnlicher sein. Denn Carina und Silvia Grundmann sind Zwillinge.

Klingt vertraut? Ist es auch. Denn vor etwas mehr als einem Jahr berichtete der General-Anzeiger über die beiden, die einen 13-monatigen Freiwilligendienst auf zwei verschiedenen Kontinenten leisten wollten. Jetzt sind sie wieder zurück - aus San Ramón im bolivianischen Tiefland und aus Kigali, der Hauptstadt Ruandas.

Und obwohl die heute 21-Jährigen in unterschiedlichen Kulturen in ganz anderer Umgebung gelebt haben, erlebten sie doch in vielerlei Hinsicht das Gleiche. Und obwohl sie sich 13 Monate nicht gesehen haben, haben sie doch die gleichen Gefühle geteilt, kann noch immer die eine die Sätze der anderen vervollständigen.

Rückblende: Nach dem Abitur hatten die beiden Honneferinnen 2008 beschlossen, mit Sofia - das steht für Soziale Friedensdienste im Ausland des Erzbistums Trier - ins Ausland zu gehen, um den Freiwilligendienst zu leisten.

Weil sie mit den Menschen leben und arbeiten wollten, es ihrer christlichen Grundeinstellung entsprach, weil sie ihren Horizont erweitern wollten. Und natürlich auch, weil sie etwas von der Welt sehen wollten. Bekommen haben sie - auch da sind sie sich einig - unendlich viel mehr. "Es war eines der schönsten Jahre meines Lebens." Sagen beide Frauen.

Carina Grundmanns Weg führte zunächst nach La Paz, die Hauptstadt Boliviens. Dort absolvierte sie einen Sprachkursus, war in einer Gastfamilie untergebracht. Einen Monat später dann der Umzug von der 4 000 Meter hoch gelegenen pulsierenden Metropole in die Tiefebene des Landes, nur rund 100 Meter über dem Meeresspiegel. Viel mehr als eine klimatische Umstellung: "Die Menschen dort sind offener, die Kultur ganz anders als im Hochland", sagt Carina Grundmann.

Die Gegend ist ländlich, das Projekt der Caritas, in dem sie mithalf, will die Landbevölkerung über ihre Rechte aufklären, aber auch Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Es unterstützt Frauen dabei, kunsthandwerklich tätig zu werden und die Produkte zu verkaufen. Die einheimischen Mitarbeiterinnen und Grundmann stoßen nicht nur auf Interesse. "Wir bekamen zu hören: Mein Mann will nicht, dass ich komme."

Ihre Schwester arbeitete derweil in Kigali. Eine Großstadt, teilweise geradezu europäisch, ganz anders als der Rest des Landes. Silvia arbeitete in einem Projekt, das sich um Jungen kümmert, die auf der Straße leben. "Man versucht, Kontakt herzustellen, Vertrauen aufzubauen. Dann erst werden sie ins Zentrum eingeladen - zu Besuch", beschreibt Silvia das Projekt.

Etwa ein halbes Jahr später werden sie dann gefragt, ob sie im Zentrum wohnen wollen. Später können sie auch zur Schule gehen. Und irgendwann sollen sie in ihre Familien zurückkehren. Wer keine mehr hat, kann Unterschlupf bei Pflegefamilien finden. Silvia Grundmann konnte einen "ihrer" Jungs nach Hause begleiten. "Ich war so stolz auf ihn." Aber es hat ihr auch fast das Herz gebrochen: "Sie müssen so viel leisten."

Natürlich war nicht immer alles nur toll in diesen 13 Monaten. "Es gibt immer Höhen und Tiefen", wissen die beiden. Doch als sie wieder abreisen musste, fiel der Abschied unendlich schwer.

Noch zeugt die Kleidung der jungen Frauen davon, dass sie momentan noch in beiden Welten zu Hause sind. Die Mütze und Hose von Carina aus Bolivien, das Hemd aus Deutschland. Der Armreif und die Halskette, die Jungen in dem Projekt für Silvia gemacht haben, und die Alltagskleidung.

Doch vom Alltag sind die beiden noch immer weit entfernt, noch immer ist alles Altbekannte irgendwie fremd: Der Überfluss in der Wohlstandsgesellschaft, die manchmal geradezu sinnlos erscheinende Auswahl an allen Dingen. Die Luxushilfsmittel wie die Spül- und Waschmaschine. Vor allem fühlen die beiden derzeit Dankbarkeit für die Menschen, die sie ideell und finanziell unterstützt haben, sie mit Mails und Briefen begleitet haben.

Von ihren Erlebnissen könnten die beiden immer weiter erzählen, vor allem einander. Denn die vier Wochen, die sie wieder zusammen sind, haben längst nicht gereicht. "Wir könnten noch Tage und Nächte durchquatschen", geben beide zu. "Und wären immer noch nicht fertig."

Zunächst gehen sie erst einmal wieder getrennte Wege. Silvia wird in Marburg, Carina in Bonn studieren. Beide Medizin. Was danach kommt, wissen sie noch nicht. Aber irgendwann, da wollen sie der jeweils anderen zeigen, wo sie dieses unvergessliche Jahr verbracht haben. Was sie gesehen haben. Damit es die andere mit eigenen Augen sieht.

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