GA-Umfrage: Rheinbacher schätzen Einkaufsmöglichkeiten

Altpapiersammlung in Rheinbach. Vor einigen Geschäften an der Hauptstraße stehen am frühen Abend leere Kartons zur Abfuhr bereit. Eine Frau mittleren Alters sucht sich aus einem Stapel ein, zwei Stück heraus. "Die vom Geschäft haben nichts dagegen", sagt sie.

GA-Umfrage: Rheinbacher schätzen Einkaufsmöglichkeiten
Foto: Wolfgang Henry

Rheinbach. Altpapiersammlung in Rheinbach. Vor einigen Geschäften an der Hauptstraße stehen am frühen Abend leere Kartons zur Abfuhr bereit. Eine Frau mittleren Alters sucht sich aus einem Stapel ein, zwei Stück heraus. "Die vom Geschäft haben nichts dagegen", sagt sie.

"Ich brauche einen Karton für meinen Grünschnitt." Aus der Nähe von Bad Münstereifel kommt die Frau. Ihren Namen will sie nicht verraten. Aber dass sie gerne in Rheinbach einkaufe - doch, das könne sie ohne Einschränkung sagen. Und dann sprudelt es aus ihr heraus: "Rheinbach ist ein knuffiges Städtchen mit Flair, man bekommt hier alles für den täglichen Bedarf, es gibt Parkplätze, es gibt Ärzte, es gibt sogar eine öffentliche Toilette - eigentlich fahre ich nirgendwo anders hin."

Balsam auf die Seele der Geschäftsleute. Auch die aktuelle Umfrage des General-Anzeigers bescheinigt Rheinbach gute Einkaufsmöglichkeiten. Demnach schätzen sie 74,4 Prozent der 1 091 Teilnehmer als "sehr gut bis gut" ein. 19,2 Prozent finden sie "weder gut noch schlecht", 6,1 Prozent "eher schlecht".

Umfrage/DiskussionDer GA hat in Rheinbach eine Umfrage zu den Themen Verkehr, Lebensqualität, Einkaufen und Sicherheit durchgeführt. 1 091 Bürger haben sich daran beteiligt, 529 davon aus der Kernstadt. In dieser Woche stellen wir Ihnen die Ergebnisse der Befragung vor. Darüber und über aktuelle Rheinbacher Themen möchten wir mit Ihnen am Dienstag, 22. März, diskutieren. Beim GA-Ortstermin ab 19 Uhr im Raiffeisenhaus, Hauptstraße 36-46, stehen Experten Rede und Antwort. Auf dem Podium: Vertreter von Stadt, Gewerbeverein, Polizei, Stadt-Schulpflegschaft und Arbeitskreis Stadtmarketing.

Diese Tendenz zieht sich durch fast alle Altersgruppen. Nur bei den über 65-Jährigen ist die Zustimmung mit 56,4 Prozent nicht mehr so hoch. Hier machten 39,7 Prozent Abstriche und kreuzten "Weder gut noch schlecht an".Paul Nelles sitzt in seinem Büro vor seinem Schachbrett und wirkt zufrieden. "74 Prozent, das ist doch mal eine Hausnummer", kommentiert der Gewerbevereinsvorsitzende das Ergebnis. Als 2009 die Pläne für das Factory Outlet Center (FOC) auf der Grafschaft bekannt wurden, war Nelles einer der ersten, die dagegen "Rabatz machten", wie er es nennt.

Das geplante Retorten-Einkaufszentrum jenseits der rheinland-pfälzischen Landesgrenze löste bei Kommunen und Gewerbetreibenden in der Nachbarschaft Beißreflexe aus. Scharfe Worte fielen da, von einem "Moloch" war die Rede. Und heute? Das Gespenst FOC geistert immer noch durch Städte wie Meckenheim und Rheinbach, die Angst vor abfließender Kaufkraft und Geschäftssterben versetzt Bürgermeister und Einzelhändler in Alarmbereitschaft.

Auch den gut 230 Mitglieder zählenden Rheinbacher Gewerbeverein, der etwa durch verkaufsoffene Sonntage auf das Angebot der heimischen Geschäfte aufmerksam macht. Nelles dreht sich in seinem Stuhl und betrachtet das Schachbrett, als ob er den nächsten Zug durchdenken würde.

"Wir haben in Rheinbach einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Anonymität eines FOC: den Faktor Mensch, das Persönliche", sagt er. "Wir versuchen, auf den Kunden einzugehen und ihn auf seinen Geldbeutel abgestimmt zu beraten." Jugendliche wollten beim Einkaufen etwas "erleben", Schnäppchen machen - und dennoch legten auch sie Wert auf Beratung. "Auch bei den Jüngeren ist angekommen: Man kann im Internet zwar Kleidung kaufen, die "in" ist.

Ob die aber zu einem passt, ist eine ganz andere Frage." Woran es in Rheinbach fehlt? Da muss der Gewerbevereinsvorsitzende einen Moment überlegen: Einen "Krimskramsladen" könnte die Innenstadt noch vertragen, vielleicht ein Einrichtungshaus, das das Angebot im Zentrum ergänzt. Vor allem müssten mehr Kunden-Parkplätze her.

"Es wäre an der Zeit, über Hochgaragen nachzudenken. Das würde die Park-Situation entspannen", findet Nelles. Sowohl am Pallotti-Carré als auch am Bahnhof und an der alten Post seien möglichen Standorte. Die Plätze könnten dann für die Mitarbeiter von Geschäften, Praxen und Kanzleien vermietet werden, die ihrerseits den Parkraum vor ihrer Türe Kunden, Patienten und Mandanten zur Verfügung stellen könnten.

"Angestellte müssten dann einen kleinen Fußweg zurücklegen", sagt der Vorsitzende. Fußwege legt Wilfried Wilbert des öfteren zurück. Allerdings nicht zum Arbeitsplatz, sondern zum Einkaufen. Der 62-Jährige wohnt im Zentrum. "Man bekommt in der Kernstadt alles, was man so braucht", berichtet der Pensionär.

"Ein bisschen schade ist nur, dass die Supermärkte eher am Rande liegen." Größere Einkäufe seien ohne Auto kaum möglich. Das sei früher anders gewesen, so der gebürtige Rheinbacher. Mangelnde Mobilität im Alter - vielleicht eine Erklärung für den unterdurchschnittlichen Wert in der Umfrage, bei der die über 65-Jährigen die Einkaufsmöglichkeiten nicht so positiv bewerten wie Jüngere.

Nelles deutet das so: "Es sind Nahversorger in Wohngebieten weggefallen, weil die Bewohner lieber auf dem Weg zur Arbeit ihre Besorgungen machten. Jetzt sind die Bewohner alt, nicht mehr mobil - und vermissen ihren Nahversorger." Das gelte für Teile des Zentrums ebenso wie für die Dörfer. Orte wie Flerzheim oder Wormersdorf verfügen über eine kleine Infrastruktur mit Bäckern oder Metzgern.

In anderen Orten gibt es gar kein Angebot. "Die Einkaufsmöglichkeiten in den Orten tendieren gegen Null", sagt der Oberdreeser Christian Spittel (65). "Ohne Auto ist man arm dran." Die Oberdreeser würden teilweise auch in den Swisttaler Nachbarort Odendorf fahren - wegen der besseren Erreichbarkeit.

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