"Gedenkstätte hat Aufgabe glänzend bewältigt"

Das Museum "Landjuden an der Sieg" in Rosbach feiert sein zehnjähriges Bestehen - Zentralratspräsident Paul Spiegel lobt die Arbeit

"Gedenkstätte hat Aufgabe glänzend bewältigt"
Foto: Holger Arndt

Windeck. "Was ich nicht wusste, als ich nach Windeck kam: Ich kannte die Stifterin dieser Gedenkstätte sehr gut." Paul Spiegel war sichtlich bewegt, als er am Donnerstagabend vor die rund 50 Gäste in der Gedenkstätte "Landjuden an der Sieg" trat.

Vertreter aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Kirche hatten sich im Festsaal der Gedenkstätte versammelt, um deren zehnjähriges Bestehen zu feiern. Als Jugendlicher sei er Hilde Seligmann, die damals Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bonn war, begegnet, sagte Spiegel. "Sie war eine bemerkenswerte Persönlichkeit, deren Engagement für die Gemeinde enorm war." Umso mehr freue er sich, mit Jutta und Manuel Seligmann ihre Schwiegertochter und ihren Enkel kennenzulernen.

Die jüdische Familie Seligmann lebte seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Rosbach. Moses Seligmann, der 1888 zu den Gründern der Rosbacher Synagogengemeinde gehörte, kaufte 1917 das Anwesen an der heutigen Bergstraße 9 für seinen Sohn Max und dessen Ehefrau Maria. Das Ehepaar, das dort einen Altwarenhandel betrieb, entging dem Holocaust und zog nach Kriegsende in ihr Rosbacher Haus zurück. Während die Tochter und drei Söhne dem nationalsozialistischen Judenmord zum Opfer fielen, überlebten Sohn Alfred und seine Gattin Hilde in der Emigration. 1957 kehrten sie mit zwei Söhnen aus Argentinien zurück.

Ende 1987 war Hilde Seligmann an das Kreisarchiv und seinen damaligen Leiter Heinrich Linn mit der Idee herangetreten, im Haus ihrer Schwiegereltern ein Museum einzurichten. "Es war eine grundlegende Restaurierung notwendig", erinnerte sich Michael Solf, Vorsitzender des Fördervereins der Gedenkstätte. Diese begann 1989, 1992 folgte die Grundsteinlegung für den Versammlungsraum, und am 28. August 1994 wurde sie offiziell eingeweiht. "Seither haben über zehntausend Interessierte die Gedenkstätte, ihre Ausstellung und zahlreiche Veranstaltungen in ihren Räumen besucht", sagt Vize-Landrätin Uta Gräfin Strachwitz.

Die Gedenkstätte sei ein Ort der Erinnerung an die Verfolgung und Vernichtung der Familie Seligmann sowie zahlreicher jüdischer Familien an Rhein und Sieg. Sie sei ein Mahnmal gegen Antisemitismus, Rechtsradikalismus und Diskriminierung von Minderheiten. "Sie ist Symbol für die Zukunft."

"Erinnern kann nicht ungeschehen machen, aber die Wiederholungswahrscheinlichkeit verringern." Mit diesen Worten des Theologen und Bürgerrechtlers Friedrich Schorlemer umriss Claudia Maria Arndt, Leiterin des Kreisarchivs, das Ziel, das der Kreis sich mit seiner Gedenkstätte gesetzt hatte. "Seit zehn Jahren dokumentiert die Gedenkstätte das Leben von Menschen, die seit Jahrhunderten hier gelebt haben und von denen oft wenige, meist keine Spuren geblieben sind", sagte Paul Spiegel, der selbst aus einer Landjudenfamilie stammt.

Während das jüdische Leben in Deutschland langsam wieder aufblühe - die 83 jüdischen Gemeinden zählen 100 000 Mitglieder -, sei die alte Tradition des Landjudentums unwiederbringlich vorbei. "Ihr Andenken in Erinnerung zu halten hat sich die Gedenkstätte nicht nur zur Aufgabe gemacht, sondern diese auch glänzend bewältigt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort