Gefahrgut-Transporter blockiert A 61 bei Swisttal

Die Nacht war lang für den Swisttaler Feuerwehrchef Stefan Schumacher. Erst um sechs Uhr legte er sich am Dienstagmorgen zur Ruhe. Er und seine 60 Kameraden hatten nach dem Unfall auf der A 61 in der Nacht zum Dienstag alle Hände voll zu tun.

 Unfall auf der A 61: Der Anhänger des Gefahrguttransporters ist umgestürzt und blockiert die Fahrbahn Richtung Köln.

Unfall auf der A 61: Der Anhänger des Gefahrguttransporters ist umgestürzt und blockiert die Fahrbahn Richtung Köln.

Foto: Roland Kohls

Swisttal-Heimerzheim. Die Nacht war lang für den Swisttaler Feuerwehrchef Stefan Schumacher. Erst um sechs Uhr legte er sich am Dienstagmorgen zur Ruhe. Er und seine 60 Kameraden hatten nach dem Unfall auf der A 61 in der Nacht zum Dienstag (der GA berichtete) alle Hände voll zu tun.

Um 19.45 Uhr war es einen Kilometer nördlich der Abfahrt Heimerzheim in Fahrtrichtung Köln zu einem folgenschweren Unfall gekommen. Ein 30-jähriger Laster-Fahrer aus Belgien, unterwegs von Ludwigshafen zum BASF-Werk Graveline bei Calais/Frankreich, hatte die Kontrolle über sein Gefährt verloren, kam zunächst nach rechts von der Fahrbahn ab, schleuderte dann nach links und prallte gegen die Beton-Fahrbahnteiler in der Mitte der Autobahn.

Der Lastwagen kippte um und blieb quer auf der Fahrbahn liegen. Von der Ladung, einem in 800-Kilo-Säcken abgepackten Granulat des Chemie-Konzerns BASF, trat nur wenig aus. Zum Glück fuhr kein nachfolgendes Auto in den Unfallwagen hinein. Nur ein Wagen, der auf der Gegenfahrbahn in Richtung Koblenz unterwegs war, bekam ein paar Trümmerteile ab.

Der Laster-Fahrer wurde leicht verletzt in ein Krankenhaus gebracht. Zur Unfallursache konnte die Kölner Autobahnpolizei am Dienstag noch keine Angaben machen. Wohl auch deshalb, weil der belgische Fahrer kein Deutsch sprach. An der Unfallstelle bietet sich kurz nach 20 Uhr ein chaotisches Bild: Der Lastwagen blockiert die Fahrbahn, dahinter hat sich ein mehrere Kilometer langer Stau gebildet.

Hunderte Menschen bevölkern die Autobahn. Nachdem klar ist, dass der Fahrer nur leicht verletzt ist, können sich die Einsatzkräfte um die Ladung kümmern. Anhand der Datenblätter, die jeder Gefahrguttransporter mitführen muss, ist schnell klar, um welche Substanz es sich handelt. Weil "Chloridazon" in Verbindung mit Wasser gefährlich für Mensch und Umwelt werden kann, schlüpfen einige Feuerwehrleute in Gefahrgutschutzanzüge.

Telefonisch bittet Einsatzleiter Schumacher einen Spezialisten der BASF-Werksfeuerwehr an den Unfallort. Der trifft gegen 23.30 Uhr ein und berät die Swisttaler Feuerwehr bei der Bergung des Pflanzenschutzpräparats. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Wehrleute, unterstützt von ihren Weilerswister Kameraden, die Kanaleingänge abgedichtet.

So soll verhindert werden, dass - sollte es regnen - Chloridazon in die Swist gelangt. Gegen Mitternacht beginnt die Polizei damit, die im Stau stehenden Autos gegen die Fahrtrichtung zur Ausfahrt Heimerzheim zu dirigieren. Dem Fernverkehr ist bereits empfohlen worden, ab Köln beziehungsweise dem Meckenheimer Kreuz über Bonn zu fahren. Per Kran werden die 22 Säcke einzeln auf einen Lastwagen umgeladen.

Sie werden zurück zu BASF nach Ludwigshafen transportiert. Um 5.30 Uhr ist der Unfall-Laster geborgen, eine Stunde später gibt die Polizei die Strecke wieder frei. Und dreieinhalb Stunden später rappelt bei Stefan Schumacher der Wecker. Er hat seiner Familie nämlich einen Ausflug zur Burg Vogelsang in der Eifel versprochen. Und Versprechen pflegt Schumacher zu halten, auch wenn er eine Nacht auf der Autobahn verbracht hat.

Chloridazon Der Unfall-Laster hatte 22 Großsäcke à 800 Kilogramm Chloridazon geladen. Chloridazon ist ein Inhaltsstoff eines Herbizids (Unkrautbekämpfungsmittel), das vorwiegend im Rübenanbau eingesetzt wird. Laut Hersteller BASF wirkt das Produkt besonders gegen Windenknöterich und andere Knötericharten sowie Unkräuter.

In Verbindung mit Wasser kann es laut Aussage einer BASF-Sprecherin am Dienstag beim Menschen allergische Hautreaktionen auslösen und giftig für Wasserorganismen sein. Im Jahr 2006 wurden in Baden-Württemberg und Bayern Rückstände des Wirkstoffs im Grundwasser gefunden.

Obwohl das Abbauprodukt gesundheitlich unbedenklich sei, weder Natur noch Umwelt gefährde und alle Zulassungskriterien erfülle, nehme man die Bedenken aus der Wasserwirtschaft ernst, hieß es dazu bei BASF. Das Unternehmen einigte sich damals mit dem baden-württembergischen Umweltministerium darauf, den Wirkstoff aus Vorsorgegründen nur noch eingeschränkt einzusetzen.

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