Grabmale am Königswinterer Palastweiher spiegeln bewegende Einzelschicksale

Faszinierende Episoden der Königswinterer Heimatgeschichte - Vor genau 200 Jahren fand die erste Beisetzung statt

Königswinter. Auf der Rheinallee schlug er Rad und stand kopf. Zur Gaudi der Sommerfrischler und Einheimischen, die ihm für die sportliche Einlage ein paar Pfennige Trinkgeld hinwarfen. Für alle war der kleinwüchsige Mann nur "et Hermännche".

An seinen richtigen Namen, Hermann Schröder, erinnert sich kaum einer. Selbst auf seinem Grabstein steht der Neckname. Auf dem Friedhof Am Palastweiher fand der Possenreißer seine letzte Ruhe. Die Begräbnisstätte in der Altstadt beherbergt sie schließlich alle: die ganz "normalen" Bürger neben den großen und kleineren Berühmtheiten und auch solchen Originalen wie dem "Hermännchen", der 1927 mit 66 verstarb.

Seit genau 200 Jahren ist das Areal zwischen Wilhelm- und Winzerstraße Friedhof. Am 23. Mai 1808 fand dort die erste Beerdigung statt: Der 12-jährige Johann Lützenkirchen wurde von Pfarrer Cordier zu Grabe getragen. Der Pastor hatte wenige Monate zuvor seinen Dienst in Königswinter angetreten; unter seiner Leitung wurde der neue Gottesacker angelegt.

Seit über drei Jahrzehnten steht die Anlage auf Veranlassung des damaligen Bürgermeisters Günter Hank unter Denkmalschutz, und die Stadt ist für die Pflege der Grabmäler von Ehrenbürgern zuständig. Mittlerweile betreut sie auch das Grab vom "Hermännchen", um das sich lange Ute Kieserg kümmerte, nachdem der Heimatverein Siebengebirge dem Original ein antikes, schmiedeeisernes Kreuz gesetzt hatte.

"Ich fand, nicht nur die Großen sollen gewürdigt werden, sondern auch solche Originale dürfen nicht in Vergessenheit geraten", findet Ute Kieserg, die vom Schicksal des "Hermännchen" bei einer Führung erfuhr und spontan die Grabstätte neu anlegte. Hermann Schröder bekam sein Gnadenbrot bei den Armen Dienstmägden Christi im Krankenhaus St Josef. Nachdem sich der Orden 1968 aus der Stadt verabschiedet hatte, erinnerten noch etliche Gräber von Schwestern an das mildtätige Wirken dieser Frauen in Königswinter.

Leider wurden die Grabstellen nach Ablauf der Ruhefrist abgeräumt; glücklicherweise stehen mittlerweile die Steine neben der Kapelle. Wenigstens ein kleines Andenken an die Nonnen, deren Särge übrigens nur durch Mitglieder der Junggesellen-Bruderschaft getragen werden durften.

Dieser Friedhof Am Palastweiher, wobei der Name wohl auf "pallas", der Sumpf, zurückzuführen sein dürfte, ist eben ein Stück Königswinterer Geschichte. Allein die Vielfalt der Denkmäler gibt Zeugnis von der Kunstfertigkeit der einstigen Steinmetze dieser Stadt ab. Einschüsse erinnern an das dunkle Kapitel der Kriege, deren Opfern ein Mahnmal gewidmet ist. Eine Reihe von Bürgermeistern ruht hier. So August Mirbach, der von 1841 bis 1890 "regierte" und viel bewirkte.

Der erste Bürgermeister von Königswinter überhaupt war Hauptmann von Schall. Der Kaiserliche Kommissar zu Düsseldorf ernannte ihn 1808 unter napoleonischer Herrschaft zum Maire. Sechs Jahre später, als viele Tausend Russen durch Königswinter zogen und sich der Landsturm aufstellte, starb von Schall am Lazarettfieber und wurde auf dem damals neuen Friedhof beerdigt.

Seine Grabstätte existiert nicht mehr. Die Erklärung: Als 1835 der Gottesacker zum ersten Mal erweitert werden musste, wurden die Grabmäler mit einer hohen Abgabe für die weitere Zulassung belegt. Zahlten die Hinterbliebenen nicht oder gab es keine Angehörigen, wurde das Denkmal entfernt.

Mittlerweile hat der Friedhof eine Größe von 13 500 Quadratmetern. In diesem "Park der Erinnerung" ist auch die Kapelle der Familie von Leonhart-Kurtzrock, deren Villa, die ehemalige Residenz des pakistanischen Botschafters, gerade restauriert wird. Nötig hat auch das Ehrenmal der Familie eine Generalüberholung; Kostenvoranschläge wurden dazu von der Pfarrei eingeholt. So besteht Hoffnung, dass auch diese Begräbnisstätte bald wieder besser aussieht, zumal Freifräulein Sophie als letzter Spross all ihr Vermögen der Pfarrei St. Remigius zu karitativen Zwecken vermachte.

Gutes getan haben auch etliche Ehrenbürger, die auf dem Friedhof ruhen. Da ist "Jahrhundertmann" Eduard Rhein (1900-1993), der Erfinder der Langspielplatte und Publizist, dessen Professor-Rhein-Stiftung Kunst, Kultur und Bildung in seiner Heimatstadt unterstützt.

Eine weitere Stiftung, die in die gleiche Richtung zielt, begründete die Familie Lemmerz. Im Mausoleum dieser Unternehmer-Dynastie liegen gleich zwei Ehrenbürger der Stadt, denn sowohl Johann Lemmerz (1878-1952) wie auch dessen Sohn Paul (1907-1977) wurden auf diese Weise von ihrer Heimatstadt gewürdigt.

Baron Stephan von Sarter ist nicht Ehrenbürger. Aber was wäre Königswinter ohne sein Schloss Drachenburg? Er war 1902 in Paris verstorben. Am 8. September 1903 meldete das "Echo", die Leiche des Barons sei am Tag zuvor, von Frankreich kommend, hier beigesetzt worden, unterhalb seines Schlosses, in dem er nicht eine Nacht verbracht hatte. Daneben Paul Spinat, der sich mit dem Einzug ins Schloss einen Lebenstraum verwirklichte, es rettete und nun ebenfalls Am Palastweiher ruht.

Dort befinden sich auch Gräber von Verwandten des Malers Franz Ittenbach und des Dichters Gotthold Ephraim Lessing. Ein Stein erinnert an Anna Maria Riegel. Die Wirtstochter sollte angeblich Ludwig Uhland zu seinem Lied "Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein" inspiriert haben. Wenn Grabmäler Geschichten erzählen könnten.

Der Grabstein des letzten Mönchs

Auch der letzte Mönch von Heisterbach, Johann Aloys Olzem, wurde 1859 auf dem Friedhof Am Palastweiher zur letzten Ruhe gebettet. Dass er noch einen Grabstein hat, ist Winfried Biesing zu verdanken. Der verstorbene Vorsitzende des Heimatvereins Siebengebirge war ja auch Richter am Amtsgericht.

Und so verhängte er eines Tages eine Geldstrafe zugunsten der Anschaffung eines neuen Kreuzes für Pater Olzem. Natürlich holte er beim Oberlandesgericht zuvor die Genehmigung für diese ungewöhnliche Strafe ein.

Olzem war nach der Aufhebung der Abtei 1803 infolge der Säkularisation als Vikar nach Aegidienberg gegangen, wo er später zum Pfarrer ernannt wurde. Von 1824 bis 1844 wirkte er in Bensberg. Seinen Lebensabend verbrachte der gebürtige Ramershovener jedoch in Königswinter, in der Nähe seiner ehemaligen Abtei, in die er 1791 eingetreten war.

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