Probebetrieb gestartet Härtetest für den Digitalfunk

KÖLN · Mit einer ungewöhnlichen Einleitung begann NRW-Innenminister Ralf Jäger am Montag im Kölner Polizeipräsidium seinen kleinen Vortrag. "Ich begrüße Sie heute am 2. April 2005 zur Einführung des Digitalfunks im Köln-Bonner Raum. Im nächsten Jahr findet in Deutschland die Fußball-Weltmeisterschaft statt und mit Köln, Gelsenkirchen und Dortmund gibt es hier in Nordrhein-Westfalen drei Spielorte." Die Polizei sei mit dem neuen Funk im Blick auf dieses Großereignis bestens gerüstet, ergänzte der Innenminister.

Polizeioberkommissarin Marie Louise Stade präsentiert das digitale Funkgerät.

Polizeioberkommissarin Marie Louise Stade präsentiert das digitale Funkgerät.

Foto: dpa

Ein Schmunzeln ging durch die Reihen der versammelten Polizisten und weiteren Behördenmitarbeitern. Denn inzwischen sind sieben Jahre vergangen, und erst jetzt sieht es danach aus, dass der digitale Polizeifunk tatsächlich in absehbarer Zeit eingeführt werden könnte. Genauer: im Sommer 2013. Dann soll das Digitalfunknetz in ganz NRW betriebsbereit sein, kündigte Jäger an.

Die Verzögerungen erklärte der Innenminister damit, dass es schwierig gewesen sei, die Bundes- und Landesbehörden sowie die Kommunen unter einen Hut zu bringen. Außerdem habe das Ausschreibungsverfahren sehr lange gedauert. "Wir mussten einmal sogar komplett neu ausschreiben", sagte Jäger.

Nachdem im Düsseldorfer Raum der Probebetrieb Anfang des Jahres begonnen hatte, wird das neue Digitalfunknetz jetzt für sechs Monate in Köln, Bonn, Leverkusen und im Rhein-Sieg-Kreis einem Härtetest unterzogen. In dieser Zeit läuft der analoge Funk zur Sicherheit parallel weiter. Im Rhein-Erft-Kreis und im Kreis Euskirchen beginnt der Probebetrieb im Mai, im Rheinisch-Bergischen- und im Oberbergischen Kreis geht es um die Jahreswende 2012/13 los.

Genutzt werde der Digitalfunk nicht allein von der Polizei, sondern auch von den Feuerwehren, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen.

Sie habe zahlreiche Vorteile, erklärten Jäger und der Geschäftsführer des Projekts Einführung Digitalfunk in Köln, Marc Scholz:

  • Funksprüche würden viel klarer übertragen - bei Motorradpolizisten sollen kaum noch Windgeräusche zu hören sein.
  • Die Geräte seien kleiner und leichter. Mit ihnen könne auch telefoniert und gesimst werden.
  • Das Netz sei abhörsicher.
  • Überlagerungen von Funksprüchen nicht mehr möglich.
  • Es gebe viel größere Reichweiten. "Bisher war es manchmal schwierig, die Kollegen im Funkschatten eines Hochhauses in einem anderen Kölner Stadtteil zu erreichen. Jetzt macht es keinen Unterschied, ob der Gegenüber in Leverkusen oder in Berlin sitzt", meinte Scholz. Im Köln/Bonner Raum seien 38 Basisstationen zur Übertragung des neuen Funks errichtet worden.
  • In einem nächsten Schritt könnten mittels Breitband-Technik auch Fahndungsfotos oder Akten auf das Gerät übertragen werden.
  • Es gebe ein Netz für alle, so dass das Verbinden über die jeweiligen Leitstellen der verschiedenen Organisationen entfalle. Gerade bei Großveranstaltungen wie Rosenmontagszügen oder Rettungsaktionen wie am Samstag beim Unfall im Chemiepark Marl hätte der neue Digitalfunk große Vorteile.

Nicht äußern wollte sich Jäger auf die Frage, ob eine frühere Einführung der neuen Technik die Katastrophe bei der Loveparade im Juli 2010 in Duisburg hätte verhindern können. "Dazu etwas zu sagen, wäre sehr spekulativ."

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