Rheinbach Hanns-Josef Ortheil stellt seinen jüngsten Roman "Liebesnähe" vor

RHEINBACH · Sein Buch stellt der Autor in Lesung und Dialog als "Gast auf dem Sofa" in Rheinbach vor, eine Veranstaltung von Hochschulbibliothek, Buchhandlung Kayser und General-Anzeiger.

Es ist noch nicht lange her, da galt das Gespräch als Schlüssel jeder gelingenden Liebesbeziehung. Scharen von Therapeuten mühten sich, dem Unausgesprochenen in Ehen und Paarverhältnissen ans Licht zu helfen. Das war einmal. Folgt man dem Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil, so sind Worte geradezu ein Beweis für Oberflächlichkeit.

In seinem jüngsten Roman "Liebesnähe" verlieben sich ein Mann und eine Frau, ohne miteinander zu sprechen. Sein Buch stellt Ortheil in Lesung und Dialog als "Gast auf dem Sofa" in Rheinbach vor, eine Veranstaltung von Hochschulbibliothek, Buchhandlung Kayser und General-Anzeiger.

Im Roman sieht Johannes, der Schriftsteller, Jule, der Installationskünstlerin, beim Schwimmen in einem Hotel im Alpenvorland zu und ist sofort fasziniert. "Wer ist diese Schwimmerin?", notiert er. Jule findet den Zettel, dessen schnörkellose Schlichtheit sie anzieht. Von da an bewegen sich beide unaufhaltsam aufeinander zu. Ohne zu reden, ahnt, ja weiß bald jeder vom anderen, was er denkt, fühlt und tun wird, ein "stummer Austausch" mittels Empfindung und Intuition. "Worte markieren Unterschiede, stellen fest und rücken zurecht - in diesem Sinne stören sie vorläufig nur", räsoniert Johannes. Per SMS oder Zettelbotschaft verabreden sie sich.

Der ganze Roman führt als sinnliches Vorspiel hin zum finalen Liebesakt, den Ortheil wie eine Filmszene ausleuchtet. Was die beiden im Leben danach bei der gemeinsamen künstlerischen Arbeit zu besprechen haben, erfährt der Leser nicht mehr.

Ganz ohne Erklärung und Biografie geht es aber dann doch nicht. Um sie zu liefern, lässt Ortheil eine dritte Hauptperson sprechen: Die Hotelbuchhändlerin Katharina ist mit beiden befreundet, sie war die Geliebte von Jules Vater, bevor dieser überraschend starb. Es war Katharina, die beide gleichzeitig in das Hotel einlud und damit die Beziehung anbahnte. In diesem "offenen Dreiecksverhältnis" verdunkeln Verlust und Trauer den Hintergrund.

Katharina hat den Geliebten, Jule den Vater und Johannes seine Mutter verloren. Das sind Anklänge an Ortheils eigene Biografie: Seine Mutter hatte nach dem Tod von vier Söhnen zu sprechen aufgehört, und der vierjährige Hanns-Josef (Jahrgang 1951) verstummte mit ihr.

Erst im Alter von sieben begann er mit Hilfe seines Vaters bei Wanderungen im Westerwald zu reden. Eine vielversprechend begonnene Pianistenkarriere musste er krankheitsbedingt abbrechen, er studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Germanistik. 1979 erschien sein erster Roman "Fermer". "Liebesnähe" ist der dritte Teil einer Trilogie. Ortheil heimste zahlreiche Literaturpreise ein und wirkt heute als Professor in Hildesheim.

Kartenvorverkauf

Karten für die Veranstaltung am Freitag, 16. März, 19.30 Uhr, auf dem FH-Campus in Rheinbach, Von-Liebig-Straße 20, kosten acht, ermäßigt vier Euro. Vorverkauf in Rheinbach bei der Buchhandlung Kayser, Hauptstraße 28, und bei der Hochschulbibliothek, Campus Rheinbach. Reservierungen sind telefonisch unter 02241/ 865480 möglich.

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