"Helmut"-Rufe, aber auch ein Pfeifkonzert bei Kohls Auftritt

5 000 Menschen hörten die Rede des Altkanzlers auf dem Bonner Marktplatz

Bonn. Wenn einer polarisiert, dann dieser Mann: Bei seinem Wahlkampfauftritt auf dem Bonner Marktplatz bekam Helmut Kohl am Dienstagnachmittag viel Beifall und wurde am Ende mit "Helmut"-Rufen von rund 5 000 Zuhörern gefeiert.

Während seiner 60-minütigen Rede war aus den hinteren Reihen aber auch ein Dauerpfeifkonzert zu hören, immer wieder unterbrochen von "Aufhören"-Sprechchören.

Sich davon stören zu lassen, ist Kohls Sache nie gewesen. "Besser Sie schreien hier als zu Hause bei der Mama", gab er ihnen mit auf den Weg und hatte die Lacher auf seiner Seite.

Und später: "Unsere jungen Freunde können gut buhen. Die haben nie Steuern bezahlt, das hat der Papa getan. Wenn sie den ersten Abrechnungszettel in der Hand haben, werden sie CDU wählen."

Natürlich wusste der Altkanzler, was seine Anhänger hören wollten. "Ich bin hergekommen, um ein Dankeschön an Bonn zu sagen", begann er kurz nach 17 Uhr seine Rede.

"Ich weiß, was wir Bonn und den Bürgern zu verdanken haben." Deshalb habe er darauf geachtet, dass dies beim Ausgleichsvertrag berücksichtigt wird und versprach für die CDU: "Der Bonn-Vertrag wird eingehalten." Dafür war ihm ein starker Beifall sicher.

Zu Parteispenden und seinem Ehrenwort sagte der Altkanzler kein Wort, auch nicht zu Wolfgang Thierse. Er ging aber hart mit der SPD/PDS-Koalition in Schwerin und Berlin ins Gericht ("ein Skandal sondergleichen") und gab SPD-Stammwählern mit auf den Weg: "Wenn Sie Schröder wählen, wählen Sie die Gruppe, die die Erfahrung von Kurt Schumacher in den Wind schlägt, nie wieder mit Kommunisten zusammenzuarbeiten."

Kohl sprach über die deutsche Geschichte, die Euro-Einführung und Solidarität mit den Flutopfern in Dresden: "Der Wiederaufbau dieser Gebiete muss Vorrang haben vor allem anderen", sagte er. Und verbreitete Optimismus, denn das Glas sei nicht halbleer, sondern halbvoll.

Der Bonner CDU-Kandidat war auch da: Stephan Eisel, ein Mann mit Mut, Charakter, Sachverstand, der nie vom Boden abhebe, so charakterisierte Kohl seinen früheren Redenschreiber.

Eisel hatte den 72-Jährigen angekündigt als Kanzler der Einheit, Ehrenbürger Bonns und Ehrenbürger Europas, ohne den es Bonn nach der Berlin-Entscheidung nicht geschafft hätte.

Eisel: "Nur einer macht einen Bogen um Bonn, das ist Gerhard Schröder." Am Montag, 16. September, spricht Kanzlerkandidat Edmund Stoiber auf dem Bonner Marktplatz (15 Uhr).

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