Glaskubus auf dem Drachenfels Justiz sieht Spezialglas kritisch

KÖNIGSWINTER · Im Rechtsstreit um die Fassade des Glaskubus auf dem Drachenfels sind beide Seiten zu keiner Einigung bereit. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Kölner Verwaltungsgericht wurde am Dienstag kein Vergleich erzielt. "Es wird mit einiger Sicherheit ein Urteil gesprochen werden. Beide Seiten wollten keine Einigung", teilte Gerichtssprecher Thomas Krämer dem GA auf Anfrage mit.

Der Bund für Naturschutz Deutschland (BUND) hatte im August 2011 gegen die Befreiung des Rhein-Sieg-Kreises von den Naturschutzauflagen für die Glasfassade geklagt, weil er befürchtet, dass das verwendete Glas nicht geeignet ist, den Vogelschlag im Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) zu verhindern. Das Spezialglas "Ornilux mikado", das das UV-Licht, das nur für Vögel sichtbar ist, reflektiert, wurde Ende Juni auf dem Drachenfels bereits eingebaut.

Zum zweiten Mal innerhalb von acht Monaten trafen sich gestern Vormittag die Kontrahenten, der BUND als Kläger, der Kreis als Beklagter und die Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft (WWG) der Stadt Königswinter als Bauherrin, vor dem Verwaltungsgericht am Kölner Appellhofplatz.

Kurz vor Weihnachten war bei einem nichtöffentlichen Erörterungstermin auf Wunsch der Kammer vereinbart worden, dass sich die Streitgegner um eine außergerichtliche Einigung bemühen sollten. Der Richter machte damals wie gestern erneut keinen Hehl daraus, dass er dies für die beste Lösung hielte. Dieser Versuch war jedoch am 12. Januar im Siegburger Kreishaus nach drei Stunden gescheitert. Die Kammer war also erneut gefragt.

Gestern schlugen ihre Vermittlungsbemühungen jedoch ein weiteres Mal fehl, obwohl die Verhandlung ebenfalls fast drei Stunden dauerte. Der Vorsitzende Richter Klaus Judick teilte mit, dass die Kammer bei ihrer Vorberatung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Beweislast, dass das verwendete Glas tatsächlich wirksam sei, bei der Bauherrin liege.

Ein Wirkungsgrad von 68 Prozent, der nachgewiesen sei, sei nicht ausreichend, wenn dies bedeute, dass 32 Prozent der Vögel durch das Spezialglas nicht geschützt würden.

In diesem Zusammenhang machte WWG-Geschäftsführer Andreas Pätz erneut klar, dass die vom BUND geforderten sichtbaren Streifen auf dem Glas für die Bauherrin nicht infrage kämen. Die Optik für die Gäste des Glaskubus solle schließlich so wenig wie möglich gestört werden.

Doch auch in einem anderen Punkt folgte die Kammer der Argumentation des BUND. Die Position des Kreises, die vom BUND beklagte Befreiung sei ohnehin gegenstandslos, weil das Drachenfelsplateau wegen der Baumaßnahme bereits im April 2011 aus dem Naturschutzgebiet herausgenommen worden sei, hält die Kammer für anfechtbar.

In einem besonders geschützten FFH-Gebiet wie diesem müsse schon geprüft werden, wie sich eine Baumaßnahme auf das umliegende Gebiet auswirke. Dies werde seit längerer Zeit zum Beispiel durch die Rechtsprechung bei Windkraftanlagen in Vogelflugrouten gestützt. Dieser Grundsatz müsse auch in dem vorliegenden Fall angewendet werden. Naturschutzrecht gehe dann vor Baurecht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort