Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr Kellermeister Rolf Münster gibt einen Einblick in die Sektherstellung

MAYSCHOSS · Wenn an Silvester die Böller knallen und Raketen Tausende bunter Funken versprühen, spielt sich ein ähnliches Spektakel, nicht feurig, aber feucht und ungefährlich, in den Wohnzimmern ab. Mit einem lauten Plopp löst sich der Korken aus der Sektflasche, und der weiß schäumende Inhalt fließt in edle Gläser, in denen unzählige Perlchen aufsteigen: "Prosit Neujahr."

 Das Drehen der Flaschen am Rüttelpult ist das Geheimnis der "méthode champenoise".

Das Drehen der Flaschen am Rüttelpult ist das Geheimnis der "méthode champenoise".

Foto: Martin Gausmann

Sekt ist und war schon immer ein besonderes Getränk, edler Begleiter bei Taufen, Hochzeiten, Geburtstagen, feierlichen Anlässen. Winzer von der Ahr haben ein gutes Händchen für die Produktion der begehrten Festtags-Tropfen, dabei lassen sie sich gern über die Schulter schauen. Denn viele Menschen fragen sich, wie kommt das prickelnde Etwas in die Flasche?.

Rolf Münster, Kellermeister der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr, erklärt, wie aus einem schönen Wein ein spritziger Schaumwein wird. Echte Arbeit. Ein Grundwein muss her, meist ein weißer, dem werden Hefe und Zucker zugesetzt, um den Gärungsprozess noch einmal anzukurbeln. Innerhalb von Wochen und Monaten zersetzt sich der Zucker je zur Hälfte in das sprudelnde oder fein perlende Kohlendioxid sowie in Alkohol. Damit der Sekt 12,5 bis 13 Volumenprozent Alkohol nicht übersteigt, muss ein Grundwein mit mäßigem Alkoholgehalt gewählt werden.

Die Gärung, meist in großen Stahltanks, kann neun Monate dauern. Dabei wird die Hefe immer wieder verrührt. Filtriert und in Flaschen gefüllt wird der Sekt anschließend unter Gegendruck, andernfalls ginge die gesamte Kohlensäure verloren.

Noch eine Stufe festlicher ist der Champagner. Stichwort "Flaschengärung". Dom Pérignon (1638 bis 1715), ein französischer Mönch und Cellarius der Benediktinerabtei Hautvillers, hat das Verfahren entscheidend entwickelt. Schon zuvor war Wein in Flaschen statt in Fässern versandt worden, um seine Frische zu erhalten. Dabei ging mehr als die Hälfte verloren, weil die Flaschen bereits im Keller oder auf der Reise nach England explodierten. Die Kellermeister sollen damals Eisenmasken als Arbeitskleidung getragen haben. Was den Weg über den Kanal unbeschadet überstand, begeisterte allerdings die Engländer.

Am Rüttelpult im Mayschosser Weinkeller demonstriert Kellermeister Münster das Verfahren. Er zeigt die im Vergleich zum Wein wesentlich stabileren Flaschen. Für die Gärung werden sie mit Kronkorken verschlossen und liegen monatelang in Drahtkörben. Die Hefe setzt sich ab. Damit die später entfernt werden kann, werden die Flaschen geschüttelt, mit dem Hals nach unten in vorgegebene Löcher des Rüttelpults gesteckt und zwei Wochen lang täglich geschüttelt, gedreht und in immer steilere Positionen gebracht. Dann hat sich die gesamte Hefe vorne im Hals als Pfropf abgesetzt.

Jetzt heißt das Stichwort Degorgieren. Nur mit dem Hals kommen die Flaschen kopfüber in eine Kältesole. Der Hefepfropf friert ein und fliegt beim Öffnen der Flaschen mitsamt dem Kronkorken davon. Aufgefüllt wird mit gesüßtem Wein, Dosage-Likör oder auch Eiswein je nach gewünschter Geschmacksrichtung und Preis. Dann erst kommt der Korken unter starkem Druck auf die Flasche und wird mit dem Drahtkörbchen festgezurrt.

Schaumweine nach der "méthode champenoise" gibt es mittlerweile vielerorts, allerdings dürfen die weich perlenden Getränke aus Deutschland nicht Champagner heißen. Genießer kommen trotzdem auch an der Ahr auf ihre Kosten.

Und der Staat profitiert mit. An jeder verkauften Flasche Sekt, in der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr jährlich etwa 60 000 bis 70 000 Stück, ist er mit 1,21 Euro beteiligt. Stichwort Schaumweinsteuer.

Ihre Erfinder zu Zeiten Kaiser Wilhelms II. kannten den Zweck des Aufschlags von 50 Pfennigen bei einem Durchschnittspreis von 2,50 Mark pro Flasche: Die Kriegsflotte musste finanziert werden. Das war 1902. 1933 wurde die Steuer abgeschafft, aber 1939 als Kriegszuschlag, besonders zur Entwicklung der U-Boot-Flotte, erneut eingeführt. Seit 1949 kassiert der Bund - ohne Zweckangabe.

Für die Sektproduktion gibt's Vorschriften: Frühestens neun Monate nach Zugabe von Zucker und Hefe zum Wein darf er verkauft werden, und der Druck in den Flaschen muss mindestens 3,5 Bar betragen. Andernfalls haben wir es mit Secco zu tun, der auch mit industriellem Kohlendioxid versetzt sein darf. Da Secco mit weniger als 2,5 Bar in die Flasche kommt, ist er kein Sekt und nicht von der Schaumweinsteuer betroffen. So hat er sich stillschweigend zu einem beliebten Party-Getränk entwickelt.

Dank der stabilen Flaschen kommen Kellermeister heutzutage ohne Eisenmasken aus. Trotzdem rät Rolf Münster zur Sorgfalt mit dem Sekt. Vor allem sollte er nicht auf rauen Steinen oder in Tonröhren gelagert werden, damit das Glas heil bleibt. Wer Reste aufheben möchte, braucht einen Druckverschluss, sonst geht die Kohlensäure verloren, ein Silberlöffel taugt nicht. Reste kann man in Sorbets oder Süßspeisen verarbeiten - oder sie ins Nudelwasser gießen. In jedem Fall ist die Kohlensäure dann futsch. Darum rät Rolf Münster: "Gleich austrinken."

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