Kind und Kunst sorgt am Remagener Ufer für Diskussionen

Eltern verstehen nicht, dass der Rheinspielplatz kurz nach seiner Eröffnung an einen anderen Platz soll - Bürgermeister sucht einen Kompromiss

  Der Spielplatz  am Rheinufer in Remagen.

Der Spielplatz am Rheinufer in Remagen.

Foto: Vollrath

Remagen. Die "Mäuse" und "Katzen" stürmen schreiend und voller Spaß über die Wiese zum Spielplatz, der eigentlich noch gar nicht eröffnet ist. Die Pänz des St. Anna Kindergartens mit ihren Betreuerinnen Rosemarie König und Rita Britz sind die ersten, die am Freitagmorgen das sandige Areal mit Beschlag belegen. Denn gerade erst haben Mitarbeiter des Remagener Bauhofes am Rheinufer die Gitter um den neu aufgebauten Spielplatz entfernt.

Das Kinderparadies wird am Sonntag um 11 Uhr offiziell eröffnet. Viel Eigeninitiative der Bürger, aber auch Geld der Stadt steckt in diesem Platz. Doch was kaum jemand weiß: Vermutlich werden die Spielgeräte schon bald wieder abgebaut, der Sand weggekarrt. Die Tage des Spielplatzes an dieser Stelle scheinen gezählt. Er soll der Kunst weichen.

Die "Geworfenen Seile" des anerkannten amerikanischen Künstlers Peter Hutchinson, ein Teil des Skulpturenufers, liegen im wahrsten Sinne des Wortes direkt neben der Fläche, auf der in den zurückliegenden Monaten die Recks, Klettergerüste und die Bergsteigerwände hochgezogen wurden. Vermutlich zu nah, sehen es alle Beteiligten, Initiative, Stadt und Arp-Museum.

Eigentlich sind es sogar zwei Spielplätze, die direkt hinter dem Caracciola-Denkmal am südlichen Rheinufer Remagens idyllisch mit traumhaften Blick auf den Strom liegen. Der alte hat nur Befürworter. Er ist begrenzt von alten Mauern, mit gemütlichen Bänken für Eltern und romantischem Baumbewuchs rundum. Der neue sorgt nun für Diskussionen. Ursprünglich nur ein großer Sandkasten mit ein paar kleinen Spielgeräten, störte er den Künstler nicht, als er sein Seil warf und mit Basaltsteinen das gefallene Lasso nachempfand. "Hutchinson hat ausdrücklich begrüßt, dass sein Kunstwerk direkt neben einem Spielplatz liegt. Er liebt Kinder", meinte am Freitag auf Anfrage des General-Anzeigers Professor Raimund Stecker, der Direktor des Arp-Museums.

Doch inzwischen ist der Kinderspielplatz gewachsen - nicht zuletzt dank Heike Peter und Lilo Schilling. Die beiden Mütter haben sich verstärkt um die Finanzierung des Platzes verdient gemacht, durch zum Beispiel Aktionen bei Volksfesten und Eigenleistungen einige tausend Euro aufgebracht. Der Ortsbeirat schoss jüngst 1 200 Euro bei für eine Sitz-Tisch-Kombination, 2002 waren es 1913 Euro. Die Stadt und der Bauhof waren mit Geld und Sachleistungen beteiligt. Glücklich und zufrieden arbeiteten etliche Eltern mit, um den abseits gelegenen Platz hübsch herzurichten und auszustatten. Geschäftsleute beteiligten sich mit Spenden.

Auf die Eröffnung am Sonntag freuen sich die emsigen Eltern, doch dann kommt der Hammer. "Um 17.16 Uhr klingelte am Donnerstag unser Telefon, am Apparat Bürgermeister Herbert Georgi. Das mit dem Spielplatz ginge so nicht. Er sei zu groß, so nicht geplant, versperre den Blick auf das Kunstwerk. Er müsse weg", berichtet Heike Peter von dem Gespräch mit dem Verwaltungs-Chef. Sie fällt aus allen Wolken. Die Stadt mit Unterschriften und Plänen, dazu der Ortsbeirat mit einstimmigen Entscheidungen waren für das Kinderparadies, und nun das? "Es kann nicht angehen, dass Kinder der Kunst weichen müssen. Der Nachwuchs ist unser höchstes Gut. Sollen Mädchen und Jungen weg, weil dort die “Seile„ liegen?" Die Mütter und Väter seien zu einem Kompromiss bereit, vielleicht die Rutsche weiter weg zu errichten. Aber grundsätzlich müsse der Platz bleiben, sei schließlich so von allen Gremien genehmigt worden. Die "Mäuse" und "Katzen" zeigen mit vergnügtem Turnen und fröhlichem Kindergeschrei, dass sie den neuen Platz schon jetzt lieben.

Den liebt grundsätzlich auch der Bürgermeister. Doch eben nur grundsätzlich, denn er fragt sich, ob dieser Standort wirklich ideal sei. "Direkt neben dem Kunstwerk besteht die Gefahr, dass Kinder die gepflegten Anlagen zerstören, Gesteinsbrocken wegnehmen und eventuell in den Rhein werfen. Der Platz muss sich in die Umgebung einfügen, darf das Werk von Hutchinson nicht beeinträchtigen. Das Skulpturenufer ist für Remagen sehr wichtig. Hier handelt es sich um den Werkbereich des Mannes aus Massachusetts, wir müssen aber auch den Wirkbereich des Exponates sichern. Das Engagement der Bürger in allen Ehren - Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden, Stadt, Arp-Museum und Ortsbeirat. Es gibt verschiedene Alternativen."

Der Spielplatz in dieser Größe mit diesen hohen Geräten direkt neben dem Kunstwerk, das erscheint Georgi zu stark. Er beruft sich dabei auf Professor Stecker, der den neu gestalteten Platz bemängelt habe. Der Bürgermeister könnte sich jetzt den Standort etwas weiter nördlich am Ufer vorstellen. "Der Bauhof könnte das stemmen", sieht er eine Möglichkeit. Doch zurzeit sei man im Diskussionsprozess, nichts sei entschieden.

Verantwortung dafür, dass der Spielplatz schon vor seiner Eröffnung zur Diskussion steht, weist der Direktor des Arp-Museums weit von sich. "Um es nochmals zu betonen: Hutchinson hat darauf bestanden, seine Seile neben dem Kinderspielplatz zu werfen. Doch was nun dort entstanden ist, hat nichts mehr mit dem damaligen Umfeld zu tun. Zumal die Stadt uns damals fest zugesagt hat, wir könnten die ganze Rasenfläche mit dem Sandkasten und den kleinen Spielgeräten daneben für das Skulpturenufer nutzen. Jetzt sieht das ganz anders aus. Man veranstaltet doch auch nicht ein Sinfoniekonzert neben dem Truck-Grand-Prix. Die Kinder sollen dort bleiben, keine Diskussion. Bisher haben die Mädchen und Jungen nichts zerstört oder weggeworfen, sind sogar spielend über die gepflegten Anlagen gesprungen. Ein harmonisches Nebeneinander von Kunst und Kind. Das wollen wir behalten. Aber die Stadt soll sich an ihre Zusagen halten. Künstler brauchen Akzeptanz in der Bevölkerung, darum geht es beim Arp-Museum und beim Skulpturenufer. Deshalb beziehen wir den Bürger ein, wollen keinen Streit. Die Stadt hat gegen die Vereinbarung verstoßen, jetzt erwarten wir eine Reaktion. Nicht wir verlangen Unmögliches, es geht darum, dass Zusagen eingehalten werden."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: " In der Zwickmühle"

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