Nach Unfällen in Klotten und im Legoland Das sagen Phantasialand und Europapark zur Sicherheit von Achterbahnen
Bonn · Nach Achterbahnunfällen im Legoland und dem Klotti-Park steht die Sicherheit der Fahrgeschäfte im Fokus der Öffentlichkeit. Phantasialand und Europapark erklären, wie bei ihren Attraktionen die Regelungen aussehen.
Nach den Achterbahnunfällen im Günzburger Vergnügungspark Legoland und in einem Freizeitpark in Klotten an der Mosel in Rheinland-Pfalz haben die beiden größten deutschen Branchenvertreter auf ihre Sicherheitsstandards hingewiesen.
„Alle Fahrgeschäfte im Phantasialand entsprechen den einschlägigen DIN-EN-Normen, welche gerade der Sicherheit der Fahrgeschäfte für Gäste und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dienen“, erklärte Ralf-Richard Kenter als Beauftragter der Geschäftsführung auf GA-Anfrage. Die Einhaltung der Normen werde vor der ersten Inbetriebnahme eines Fahrgeschäftes vom Tüv geprüft und ebenso in den weiteren Betriebsjahren. Auch für die laufende Saison seien alle Fahrgeschäfte vom Tüv entsprechend geprüft und für den Betrieb freigegeben worden.
„Unterjährig werden alle Fahrgeschäfte gemäß den detaillierten Wartungsvorschriften der Anlagenhersteller von unserem Wartungsteam geprüft und täglich vor der Inbetriebnahme einzeln freigegeben“, so Kenter weiter. Die Bediener an den Attraktionen würden für jede Attraktion individuell am Arbeitsplatz unterwiesen. Kenter sagt: „Die Sicherheit hat im Phantasialand höchste Priorität.“
Achterbahn-Unfälle: Sicherheit im Europapark Rust
Ähnlich hört sich das im Europapark in Rust an. „Das Thema Sicherheit hat im Europapark schon immer allerhöchste Priorität. Grundsätzlich unterliegen alle Fahrgeschäfte sehr strengen externen Kontrollen. So wird jede Anlage intensiv vom Tüv überprüft, freigegeben und auch weiterhin sehr regelmäßig geprüft. Meist ist der Tüv bereits in der Planung von neuen Attraktionen eingebunden. Somit wird sichergestellt, dass alle Anforderungen an einen sicheren Betrieb nach DIN EN 13814 erfüllt werden. Weitere interne Kontrollmechanismen nehmen geschulte Techniker und das Attraktionspersonal täglich vor der Inbetriebnahme vor“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion mit.
Europapark-Inhaber Roland Mack habe in seiner Funktion als Präsident des Internationalen Verbandes der Freizeitindustrie (IAAPA) das Thema „Sicherheit in Fahrgeschäften“ als wichtigstes Ziel für alle Betreiber stark vorangetrieben, so die Sprecherin weiter. Und Jürgen Gevers, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen (VDFU), ergänzt: „Entsprechende Vorkommnisse seit der Jahrtausendwende in stationären Freizeiteinrichtungen lassen sich an einer Hand abzählen.“ Statistisch gesehen seien Achterbahnen „eines der sichersten Fortbewegungsmittel“.
Eine Sprecherin des internationalen Freizeitpark-Dachverbands IAAPA sagte, in Europa habe es im Jahr 2020 im Schnitt 4,4 Verletzungen in Fahrgeschäften pro einer Million Besucher in den Parks gegeben. Davon seien wiederum nur 16 Prozent in Achterbahnen erfolgt. „In Deutschland ist diese Zahl noch mal geringer“, sagte VDFU-Geschäftsführer Gevers. „Die Sicherheitsstandards hier sind viel höher als in anderen Ländern.“
Achterbahn-Unfall im Legoland: Ermittlungen laufen
Derweil dauern die Ermittlungen zur Ursache des Achterbahnunfalls am Donnerstag mit 31 Verletzten im Legoland an und könnten noch mehrere Monate dauern. Sprecher von Polizei und Staatsanwaltschaft sagten, dass die Erstellung des Unfallgutachtens wohl einige Wochen oder gar Monate dauern werde. Erst danach gebe es Klarheit über den Grund des Unglücks in dem Freizeitpark. Bislang ist ungeklärt, ob ein technischer Defekt oder ein Fehler des Personals Ursache war. Keiner der beiden Züge entgleiste, es fiel auch kein Fahrgast heraus.
Bei dem Unfall war ein Zug der Achterbahn „Feuerdrache“ auf einen vorausfahrenden Zug aufgefahren und hatte in der Folge zehn Kinder, einen Jugendlichen und 20 Erwachsene verletzt - einen Gast davon schwer. Für die Ermittlungen vor Ort wurde zunächst der Betrieb der Bahn untersagt, erläuterte Polizeisprecher Dominic Geißler. Die Attraktion werde noch länger außer Betrieb sein. Sie bleibe mindestens bis Dienstag nächster Woche von der Polizei gesperrt, voraussichtlich sogar noch länger, sagte ein Polizeisprecher. „Es gibt noch weitere Gutachtertermine vor Ort und deswegen ist die Achterbahn noch nicht freigegeben.“ Unklar ist bislang, ob nach den polizeilichen Ermittlungen im Legoland noch eine weitere Sicherheitsüberprüfung angeordnet wird, bevor die Achterbahn wieder in Betrieb geht.
Normalerweise sind Achterbahnen so gesichert, dass zwischen zwei Zügen immer ein Streckenabschnitt frei bleiben muss. Ist ein Streckenabschnitt nicht frei, kann die nächste Bahn eigentlich nicht in den dahinter liegenden Teil einfahren, die Anlage schaltet ab.
Das Legoland wurde nach Angaben des Unternehmens unterdessen am Freitag wieder normal geöffnet. Der Themenbereich „Land der Ritter“, in dem sich die Achterbahn befindet, blieb aber noch gesperrt. Unklar war am Freitag, wann die Bahn zuletzt die vorgeschriebene Jahresprüfung hatte. „Es gibt regelmäßige Check-ups an allen Achterbahnen und Attraktionen“, sagte eine Sprecherin. Weitere Details nannte sie aber noch nicht. Diese müssten noch geklärt werden. Eine Sprecherin des Herstellers der betroffenen Achterbahn sagte, dass das Unternehmen vorläufig zu dem Unfall keine Stellungnahme abgeben werde.
Unfälle in Freizeitparks
Bereits am ersten August-Wochenende hatte es in einem Freizeitpark in Klotten einen schweren Freizeitpark-Unfall gegeben, als eine 57 Jahre alte Frau aus einer fahrenden Achterbahn stürzte und starb. Auch dort ist die Ursache weiter unklar. Der Park schloss zunächst für einige Tage seine Tore.
Auch auf Volksfesten war es in den vergangenen Jahren zu Achterbahn-Unfällen gekommen. So wurden in Würzburg im Jahr 2018 vier Menschen verletzt, als ihr Wagen ungebremst auf wartende Wagen stieß. In Mannheim lösten sich im Jahr 2019 Teile der Beleuchtung einer Achterbahn und fielen auf drei Fahrgäste, die leicht verletzt wurden. Im gleichen Jahr starb in Berlin ein Mann, als er von einem Wagen einer Achterbahn überrollt wurde. Und bei der Düsseldorfer Rheinkirmes lösten sich im Juli Teile eines Fahrgeschäftes. Zwei Kirmesbesucher wurden davon am Kopf getroffen und mussten von Rettungskräften behandelt werden. Die Ermittlungen dazu dauern an. Nach dem Vorfall wurde das Fahrgeschäft zunächst geschlossen, tags darauf nach einer erneuten Überprüfung durch Bauaufsicht und Tüv Süd und nach Absprache mit Polizei, Feuerwehr und Betreiber wieder in Betrieb genommen.
Achterbahn-Unfälle: Welche Regelungen für Fahrgeschäfte gelten
Welchen genauen Regelungen solche Fahrgeschäfte unterliegen, erklärte eine Sprecherin des Tüv-Verbandes auf Anfrage unserer Redaktion so: „Achterbahnen, Riesenräder oder Karussells, die zum Beispiel in Freizeitparks dauerhaft errichtet sind, müssen einmal pro Jahr von einer unabhängigen Stelle geprüft werden und sind als Sonderbauten in der Musterbauordnung (MBO) und in den jeweiligen Bauordnungen der Bundesländer geregelt“, so. Bei sogenannten fliegenden Bauten, also mobilen Fahrgeschäften, müsse nach jedem Aufbau vor Ort eine Abnahme erfolgen, die von der zuständigen Bauaufsicht veranlasst und von Prüfämtern oder anerkannten Prüfstellen wie eben dem TÜV durchgeführt wird. Verpflichtend seien dort außerdem tägliche Sicherheitschecks und geschultes Personal, das darauf achtet, dass Gurte und Sicherheitsriegel richtig angelegt werden.
Bei vielen Fahrgeschäften gibt es Beschränkungen, die die Größe sowie das Alter der Fahrgäste betreffen. Auch die individuelle körperliche Verfassung spielt eine Rolle. Hier bitten Freizeitparks, wie zum Beispiel der Movie Park in Bottrop oder das Phantasialand, auf den eigenen Körper zu hören und zu achten. Wer sich also nicht fit fühlt, sollte nicht unbedingt auf die rasanteste Achterbahn.
Doch auch jenseits dessen können Besucher einen Teil dazu beitragen, die Fahrt in einer Achterbahn sicher zu gestalten. Hier gilt es zunächst, die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort zu beachten. Hinweise darauf gibt es bei Freizeitparks meist in der Parkordnung. Bei Unklarheiten hilft das Personal vor Ort weiter.
Darüber hinaus gibt der Tüv-Verband Fahrgästen einige Tipps, um einen Beitrag zur eigenen Sicherheit zu leisten:
- Bei schnellen Rundfahrgeschäften wie Karussells sollten sich Kinder aufgrund der auftretenden Fliehkräfte auf den inneren Sitzen platzieren.
- Vor dem Start sollten die Fahrgäste sicherstellen, dass das Personal den geschlossenen Bügel oder Gurt kontrolliert, sodass er festsitzt. Bevor man sich hier unsicher ist, sollte man vor dem Start noch einmal nachfragen, ob der Gurt auch wirklich gut sitzt.
- Personen (insbesondere mit bekannten Erkrankungen) sollten vor der Nutzung von Fahrgeschäften eine realistische Selbsteinschätzung vornehmen, um Gesundheitsrisiken zu vermeiden.
- Nach starkem Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenkonsum ist von Fahrten in Fahrgeschäften generell abzusehen.
- Passagiere sollten sitzen oder stehen bleiben, bis das Fahrgeschäft auch wirklich stillsteht.
- Schwangere sollten Fahrgeschäfte vermeiden, bei denen starke Kräfte auf die Mitfahrerinnen einwirken.
- Die Nutzerinnen und Nutzer sollten während der Fahrt immer die Hinweise und Signale des Personals beachten.
- Bei Unwohlsein oder Zweifeln sollte man sich schnellstmöglich ans Personal wenden.