Kommentar zum Kölner Polizeipräsidenten Albers Abgang ist nur ein Anfang

Meinung · Der Kölner Polizeipräsident war nicht mehr zu halten. Auch nicht von seinem Parteifreund im Landesinnenministerium.

Polizisten vor dem Hauptbahnhof in Köln.

Polizisten vor dem Hauptbahnhof in Köln.

Foto: Maja Hitij

Was Wolfgang Albers in den sieben Tagen seit den Gewalttaten in der Silvesternacht von sich gegeben hat, wozu er geschwiegen hat, was von ihm vertuscht oder verheimlicht wurde, addiert sich zu einer derart langen Kette von Fehlleistungen, dass es zur Versetzung des Polizeipräsidenten in den einstweiligen Ruhestand nur eine Variante gegeben hätte: den Rücktritt. Dazu aber hätte ein Mindestmaß an Einsicht in die eigene Überforderung gehört. Die aber ist dem gewesenen Chef der Kölner Polizei eher fremd. Jedenfalls zeugt seine Reaktion auf die Entscheidung des Innenministers nicht von Einsicht.

Wer seine eigene Entlassung mit den Worten kommentiert, die öffentliche Debatte um ihn habe die Ermittlungen belastet, zeigt, dass er nichts verstanden hat. Nicht die öffentliche Debatte war die Belastung - denn die war vielmehr notwendig. Der Polizeipräsident selbst war die Belastung und daher nicht länger tragbar.

Innenminister Ralf Jäger irrt allerdings, wenn er glaubt, durch Albers' Ablösung sei das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden im Lande wiederhergestellt. Das ist ein erster, ein notwendiger, aber keineswegs ein hinreichender Schritt.

Auch Jägers Amtsführung wird zu Recht kritisiert, nicht erst seit der Kölner Silvesternacht. Insofern hat sich der Sozialdemokrat auf dem Ministersessel in Düsseldorf gestern selbst auch eine Auszeit, eine Atempause verschaffen können. Wenn ihn FDP-Chef Christian Lindner einen "Serientäter" im Unterschätzen von Gefährdungslagen nennt, weiß man, was dem obersten Dienstherrn der NRW-Polizei noch bevorsteht. Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wird sich ihr Schweigen nicht mehr lange leisten können.

Doch den Bürger interessiert etwas ganz anderes: Er will sich wieder wirklich sicher fühlen in seinem Land. An jedem Ort, zu jeder Zeit. Dazu passt es eben nicht, wenn Politiker und Behörden Sachverhalte verschweigen, statt Klartext zu reden. Das Sicherheitsgefühl wird auch unterhöhlt, wenn geleugnet wird, dass es No-go-Areas in deutschen Großstädten längst gibt, wo doch jeder weiß, dass es so ist.

Wer Fakten verschweigt, hat meist mehr zu verheimlichen. Das ist der Nährboden auch für das Entstehen absurdester Klischees. Nie war es leichter, Vorurteile zu säen als in diesen Tagen nach Köln. Da müssen einem die Hunderttausende Flüchtlinge schon leid tun, die tatsächlich vor Gewalt geflohen sind und jetzt miterleben müssen, wie schnell sie hier in Generalverdacht geraten können.

"Wehret den Anfängen" gilt also in beide Richtungen: Die Sicherheitskräfte müssen alles daransetzen, dass sich Abscheulichkeiten wie in Köln nicht wiederholen können. Aber Politiker (und übrigens auch Journalisten) müssen gerade jetzt auch dafür Sorge tragen, dass Deutschland nicht in eine neue Ausländerfeindlichkeit hineinrutscht. Zur Verantwortung der Politik gehört dabei auch, keine unerfüllbaren Erwartungen zu wecken. Wer jetzt von Haft im Heimatland schwadroniert (wie der SPD-Chef) oder von Abschiebungen nach Syrien, tut genau dies.

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