Kölner Gamescom Ausflug in die virtuelle Gegenwart

KÖLN · Ein bisschen gruselig ist das schon. Vorsichtig setzt der Spieler einen Schritt vor den anderen, schaut um die Ecke, dreht sich im Kreis. Er hält sich mit der Spezialbrille, die er vor dem Gesicht trägt, in einer komplett anderen Welt auf.

 Die neuesten Spiele zur Probe: Besucher der Gamescom testen, was sich die Entwickler ausgedacht haben.

Die neuesten Spiele zur Probe: Besucher der Gamescom testen, was sich die Entwickler ausgedacht haben.

Foto: Nicolas Ottersbach

Die VR-Technik, die so vor den Augen des Nutzers eine virtuelle Realität aufbaut, wird immer ausgereifter. Auf der Gamescom, die gestern in der Messe Köln gestartet ist, stellen gleich mehrere Unternehmen, darunter HTC mit "Vive" und Oculus mit "Rift", ihre Neuentwicklungen vor. Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Computerspiel verschwimmen.

Familienecke

Es geht aber auch anders. Eine komplette Halle widmet die Messe familienfreundlichen Spielen, Entspannung und Eltern mit Kindern. Dort haben die Kölner von Retrospiel.com Unterhaltungselektronik der vergangenen Jahrzehnte aufgebaut. Angefangen mit einem Commodore, der noch einen grauen Kasten als Bildschirm hat, über die erste Playstation bis zum Super-Nintendo mit seinen vier bunten Knöpfen.

Retro-Spiele im Trend

Rundgang über die Gamescom 2015
3 Bilder

Rundgang über die Gamescom 2015

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Das Retro-Geschäft sei im Kommen, meinen die Betreiber. Nicht nur Kinder der 90er würden sich an die klobigen Geräte setzen. An den Konsolen seien genau so viele Zehnjährige wie Mittvierzigerninnen. "Diese Spiele sind selten geworden, deshalb liegen sie im Trend", sagt die 28 Jahre alte Karin Stommel. Wie der Flipper, an dem sich drei Männer mehr als eine halbe Stunde vergnügen.

Klassiker als Vorbild

Norman Müller stellte vor drei Jahren auf der Gamescom einen Prototypen seines Brettspiels "Whacky Wit" vor, das den gelben Pacman als Vorbild hat. "Mittlerweile haben wir eine gewisse Serienreife, obwohl jedes Spiel noch Handarbeit ist", erzählt er, während er würfelt und anschließend die gelbe Figur über das neun Kilogramm schwere, mechanische Feld schiebt.

Das Ganze ähnelt dem Klassiker "Mensch ärgere dich nicht", ist aber komplexer und funktioniert nur zu zweit. Wenige Meter weiter machen Skateboarder auf eine Rampe Tricks, eine Gruppe aus China spielt Headis, eine Mischung aus Tischtennis und Fußball, bei der ein kleiner Ball mit dem Kopf hin und her gekickt wird.

Die neue Version von "Justdance"

[kein Linktext vorhanden]Die Freundinnen Trang (15) und Ngale (17) haben dafür nichts übrig, sie wollen tanzen. Die neue Version von "Justdance" kommt erst im Oktober heraus, auf der Messe kann sie auf der Konsole Wii von Nintendo probegespielt werden. Fotos zu machen ist allerdings nicht erlaubt, wie bei vielen Neuerscheinungen auf der Gamescom. "Aber es macht auf jeden Fall Spaß", sagt Ngale. Angst, sich vor Zuschauern zu blamieren wenn sie sich vertanzen, haben die beiden nicht. "Wir lachen ja auch über uns selbst", so Trang. Anstehen müssen sie hier nicht, beim Fachbesuchertag ist der Andrang noch überschaubar.

Wartezeiten von einer Dreiviertelstunde sind normal

In den Entertainment-Hallen, in denen Weltkonzerne wie Sony, Microsoft und Spieleentwickler wie Electronic Arts überdimensionale Stände aufgebaut haben, ist das anders. Wartezeiten von einer Dreiviertelstunde sind normal, wenn man die neusten Spielehits testen möchte. "Das nehmen wir in Kauf, weil es eine einmalige Chance ist", erzählen die Freunde Adrian und Florian, die extra aus Hessen angereist sind und bis morgen bleiben. Drei volle Tage haben sie eingeplant, um auch wirklich alles sehen zu können.

Highlights

Zu den Highlights unter den Spielen gehören die Fußball-Simulation "Fifa 16", das neue Action-Abenteuer "Assassin's Creed", "Star Wars: Battlefront" und der Ego-Shooter "Metal Gear Solid V". Microsoft kündigt neben neuen Enthüllungen Details zu "Scalebound", "Quantum Break" und "Crackdown" an - Titel, die man auf der E3-Messe in Los Angeles aussparte. Blizzard präsentiert eine Ergänzung zu "World of Warcraft", die Einzelheiten werden allerdings erst heute Abend verraten.

Auch die kleinen Spieleschmieden wie die Mönchengladbacher von Astragon, die sich auf Simulationen spezialisiert haben, nutzen die Messe. Neben einer Erweiterung für den Landwirtschafts-Simulator 2015 und einem dazugehörigen Lenkrad für die schweren Maschinen sind die Titel "American Truck Simulator", "City Conomy" und "Bus Simulator" neu.

Mit Liebe zum Detail

Von vielen Spiele-Enthusiasten wird das Gangsterspiel "Mafia 3" erwartet, Entwickler 2K zeigt eine gut 30-minütige Demo, die vor allem durch Atmosphäre beeindruckt. Protagonist Lincoln Clay schlendert dabei durch die dämmrigen Straßen von New Orleans, auf der Suche nach dem Geheimversteck eines Drogenbarons. Das alles erinnert an die erfolgreiche "GTA"-Serie und lebt von vielen Details.

Über 700 Aussteller aus 40 Ländern tummeln sich auf dem Gelände, darunter sowohl die Großen der Branche als auch kleinere Entwickler. Letztere erhalten in Halle 10.1 mit der "Indie Arena" einen 500 Quadratmeter großen Gemeinschaftsstand.

Auf der Social-Media-Bühne in Halle 5.2, deren Partner das Bundesverkehrsministerium ist, treten YouTube-Stars, Poetry-Slammer, DJs und Bands auf. Im "Cosplay-Village" können sich Verkleidungskünstler austoben. Da stapft ein überlebensgroßer Transformer durch die Gänge, viele Besucher streifen sich die Kostüme über, die sie in einem der Fan-Shops gekauft haben.

Simon Dahlbrügging, der als Frau auftritt, legte sich ein Alpaca-Kuscheltier zu. "Das ist nicht wie Karneval, es ist keine zufällige Verkleidung", sagt er. Eher würden sehr detailgetreu Charaktere nachgeahmt, die es schon gibt.

Aktive Teilnahme

Hinter Halle 8 wartet draußen ein Beach-Club inklusive Volleyballfeld und Motocross-Stuntshow. Wer nicht nur zugucken, sondern aktiv werden will, nimmt in Event-Halle 5.1 an Laster-Tag- und Paintball-Wettkämpfen teil.

Künstlerisch sind die Deutschen Meisterschaften der "Casemodder", die die Gehäuse ihrer PCs wie Skulpturen gestalten. Drei Tage lange können ihnen die Besucher dabei zugucken, am Wochenende werden die Gewinner gekürt und viele weitere Modelle ausgestellt.

Die Karten für die Gamescom, die mit mehr als 700 Austellern aus 47 Ländern und rund 335.000 Besuchern als größte Spielemesse der Welt gilt, sind bereits seit Monaten ausverkauft. Wer jetzt noch dabei sein will, muss vor Ort Nachmittags-Tickets für einen Einlass ab 14 Uhr ergattern. Die Wartezeiten werden erfahrungsgemäß lang sein. Die Preise für die Nachrücker-Tickets liegen bei acht Euro. Die meisten Besucher werden am Wochenende erwartet.

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