Posse um Kölner Blitzer-Panne Behörden streiten sich um Zuständigkeit

Köln · Hunderttausende Autofahrer werden auf der A3 in Köln geblitzt. Allerdings: Das Tempolimit war nicht richtig ausgeschildert. Ob die zu Unrecht zur Kasse gebetenen Autofahrer ihr Geld je wiedersehen, ist unklar. Die Behörden streiten sich, wer zuständig ist.

 Nach einer Blitzer-Panne mit einem fehlenden Verkehrsschild auf der A3 stehen Zehntausende betroffene Autofahrer vor einem Behörden-Hickhack in Köln.

Nach einer Blitzer-Panne mit einem fehlenden Verkehrsschild auf der A3 stehen Zehntausende betroffene Autofahrer vor einem Behörden-Hickhack in Köln.

Foto: dpa

Eins ist nach der Kölner Blitzer-Panne sicher: Einige Autofahrer, die demnächst ein Knöllchen wegen überhöhter Geschwindigkeit kassieren, werden erst einmal zweifeln. „Wer weiß, wie viele Knöllchen ich schon bezahlt habe, die ich gar nicht hätte bezahlen müssen“, kommentiert eine Autofahrerin in Köln den Fall, der spätestens am Dienstag nach einem Hickhack der Behörden zur Posse geworden ist.

Die Geschichte beginnt vor rund einem Jahr: Die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn 3 am Kreuz Heumar in Richtung Oberhausen wird wegen des Baus einer Lärmschutzwand von 80 auf 60 Kilometer pro Stunde reduziert, ein Blitzer dementsprechend eingestellt. Aber: Unmittelbar hinter der Baustelle fehlt ein Verkehrsschild, das auf das Tempolimit aufmerksam macht. Das stellt das Amtsgericht Köln nach der Klage eines Autofahrers fest.

Autofahrer rasen davor zuhauf in die stationäre Radarfalle, nach Angaben der Stadt Köln von Februar bis Dezember 2016 rund 400 000 Mal. Aus Sicht von Roman Suthold, Mobilitätsexperte des ADAC Nordrhein, hätte die Stadt als Betreiberin der Anlage schon viel früher merken müssen, dass da etwas nicht stimmt. „Die Fallzahlen sind an der Stelle extrem hochgegangen“, sagt Suthold.

Die Stadt stellt nach der Entscheidung des Amtsgerichts die noch 35 000 laufenden Verfahren zu Geschwindigkeitsverstößen am Kreuz Heumar ein. Wer schon gezahlt hat, hat dagegen erst einmal Pech - so die erste Erklärung der Stadt am vergangenem Freitag. Alle abgeschlossenen Verfahren seien rechtswirksam und könnten nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit hohem Verwaltungsaufwand wieder aufgenommen werden, heißt es zur Begründung.

Am Montag mischt sich die Kölner Politik ein. Die SPD-Fraktion erhebt die Rückzahlung der Bußgelder zu einer Frage der Gerechtigkeit. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) versichert, sie wolle „eine vernünftige Lösung“ suchen. Noch am selben Tag macht die Stadt den Betroffenen Hoffnung: Sie sollen ihr Geld per sogenanntem Gnadenerlass der Bezirksregierung Köln doch erstattet bekommen. Betroffene müssten nur einen Antrag stellen. Darauf hätten sich die Stadt und die Bezirksregierung als „Gnadenbehörde“ geeinigt.

Am Tag danach ist wieder alles anders: Die Bezirksregierung schiebt am Dienstag den Riegel vor. „Das geht nicht, wie sich das die Stadt Köln vorstellt“, sagt Behördensprecher Bodo Klein. Der Gnadenerlass aus dem Jahr 2002 gelte nicht rückwirkend und nur im besonderen Härtefall. Wenn etwa ein Fernfahrer zusätzliche Punkte im Verkehrszentralregister erhalte und ihm dadurch der Verlust des Führerscheins und des Jobs drohe, dann könne er bei der Bezirksregierung einen Gnadenantrag stellen. Ob die große Mehrheit der zu Unrecht geblitzten Fahrer ihr Geld wiedersieht, ist nach dieser Aussage also wieder offen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort