Schon sechs Verdächtige Ermittlungspanne im Bergisch Gladbacher Kinderporno-Skandal?

Bergisch Gladbach · Im Kinderporno-Skandal von Bergisch Gladbach gibt es inzwischen sechs Verdächtige. Ähnlich wie im Missbrauchsskandal von Lügde, haben die nordhein-westfälischen Behörden möglicherweise auch im aktuellen Fall Fehler gemacht.

 Polizei und Staatsanwaltschaft äußern sich zum Fall des mutmaßlichen Kindesmissbrauchs in Bergisch Gladbach.

Polizei und Staatsanwaltschaft äußern sich zum Fall des mutmaßlichen Kindesmissbrauchs in Bergisch Gladbach.

Foto: dpa/Marius Becker

Rund ein Jahr nach Bekanntwerden der Ermittlungspannen im Missbrauchsskandal von Lügde haben nordhein-westfälische Behörden möglicherweise in einem weiteren Fall von massivem Kindesmissbrauch Fehler gemacht.

Nach Informationen unserer Redaktion übergab die Polizei der Staatsanwaltschaft Kleve schon am 10. Juni Akten über einen mutmaßlichen Täter im Großraum Wesel. Festgenommen wurde der Soldat allerdings erst am 25. Oktober, als er im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu einem mutmaßlichen Kinderschänderring in und um Bergisch Gladbach ins Visier der Kölner Staatsanwaltschaft geriet.Eine zwischenzeitliche Hausdurchsuchung bei dem Soldaten veranlasste die Staatsanwaltschaft Kleve offenbar nicht. Das geht aus Schriftwechseln hervor, die unsere Redaktion einsehen konnte, sowie aus Informationen aus Polizeikreisen.Deshalb steht die Frage im Raum, ob der Kinderschänderring aus dem Bergischen, über den immer dramatischere Details bekannt werden, nicht schon früher hätte enttarnt werden können.

Genau diese Frage wollten am Donnerstag weder die Staatsanwaltschaft Kleve noch das Düsseldorfer Innenministerium oder das Justizministerium des Landes beantworten. Die Behörden verweisen auf laufende Ermittlungen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Kleve wollte sich aus gleichem Grund nicht zu der Frage äußern, warum sie keine Wohnungsdurchsuchung bei dem Soldaten veranlasst und welche Maßnahmen sie stattdessen ergriffen habe.

Ende Oktober wurde bei der Durchsuchung der Wohnung eines 42-Jährigen in Bergisch Gladbach umfangreiches Datenmaterial sichergestellt, das unter anderem schweren sexuellen Kindesmissbrauch zeigen soll. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) wurden seither inzwischen sechs namentlich bekannte Tatverdächtige festgenommen. Einer davon ist nach Informationen unserer Redaktion der Soldat aus dem Großraum Wesel. Laut Reul geht die Polizei inzwischen von neun Opfern im Alter von einem bis zehn Jahren aus. Bei den Opfern handelt es sich teilweise um Kinder oder Stiefkinder der Tatverdächtigen.

Acht Durchsuchungen in NRW

Bei neun Durchsuchungen, acht davon in Nordrhein-Westfalen, stellten die Behörden zehn Terabyte Daten sicher. „Die Polizei arbeitet sehr gründlich und ordentlich“, sagte Reul am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag.Die Ermittlungen seien wohl noch nicht am Ende, sagte Reul. Auf dem Handy eines Festgenommenen habe man etwa Chat-Gruppen gefunden, in denen bis zu 1800 Mitglieder kinderpornografische Inhalte austauschten. Die Ermittler bei der Polizei arbeiten mittlerweile in mehreren Schichten mit Hochdruck daran, sich durch die Unmengen an Fotos und Videos zu arbeiten, die sichergestellt wurden. Im Missbrauchsfall von Lügde wurden die beiden Haupttäter im September zu hohen Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurde der hundertfache Missbrauch von 32 Kindern nachgewiesen.

Die Polizei machte bei den Ermittlungen anfangs verheerende Fehler. Unter anderem war Beweismaterial aus einer Asservatenkammer verschwunden.Im Fall Bergisch Gladbach geht Reul mit einem massiven Aufgebot gegen die mutmaßlichen Täter vor: 153 Fahnder sind an den Ermittlungen beteiligt. Zum Vergleich: In Lügde waren in der Spitze rund 90 Beamte im Einsatz.Gegen den Soldaten aus dem Großraum Wesel wurde im Juni offenbar lediglich eine Kontaktsperre verhängt, nachdem ein Krankenhaus in Geldern bei Kindern aus seinem Umfeld sexuellen Missbrauch festgestellt hatte. Das Innenministerium erfuhr nach eigenen Angaben erstmals am 25. Oktober von dem Fall. Das Justizministerium ließ die Frage nach dem Zeitpunkt seiner Kenntnis von dem Fall unbeantwortet.

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