Ärger um Karl Max in Trier Berührungsängste an der Porta Nigra

Bonn/Trier · Nach langem Streit nimmt die Moselstadt eine Karl-Marx-Statue als Geschenk aus China an. Die Größe des Denkmals bleibt weiter umstritten. In seiner Bonner Studentenzeit landete der spätere Philosoph im Karzer. Ausstellungen zum 200. Geburtstag geplant.

Bei all der Aufregung, die zuletzt hörbar aus den Trierer Stadtmauern herausdrang, schienen schlimmste Befürchtungen angebracht. Den Stein des Anstoßes bot ausgerechnet der berühmteste Sohn der ältesten Stadt Deutschlands. Wer nun voreilig an Guildo Horn, den Sänger, denkt, dem entfiel wohl kurzzeitig, dass der Moselmetropole – und dem Rest der Welt – am 5.Mai 1818 ein Philosoph mit geradezu revolutionärem Potenzial geboren wurde. Karl Marx und Trier: Eine echte Liebesbeziehung ist daraus auch 199 Jahre später nicht geworden. Jetzt aber, so scheint es, hat man sich immerhin arrangiert.

Zwar ging es zu keinem Zeitpunkt darum, die Augusta Treverorum in Karl-Marx-Stadt umzubenennen. Gleichwohl wurden die Positionen im Stadtrat bis zuletzt verbissen verteidigt. Am Montag erfolgte dann der Durchbruch: Mehrheitlich gab die Kommunalpolitik ihren Segen dafür, dass zum 200. Geburtstag des Philosophen im kommenden Jahr eine Marx-Statue die Innenstadt schmücken darf.

Um zwei Detailfragen, die zuletzt immer wieder für besonders intensive Diskussionen gesorgt hatten, drückten sich die Fraktionen elegant herum. Nämlich um die, ob das Abbild des prominenten Trierers inklusive Sockel wirklich über sechs Meter hoch werden soll; und, ob seine Platzierung in unmittelbarer Nähe zur Porta Nigra als berühmtem Wahrzeichen wirklich angemessen wäre. Der Anstoß für die ganze Diskussion kam aus China. Dass Marx im Reich der Mitte hochverehrt wird, lässt sich in Trier nahezu täglich vor dem Marxhaus an der Brückenstraße ablesen, wo eine Stippvisite für Besuchergruppen aus Fernost obligatorischer Programmpunkt ihrer Europareisen ist.

Und eingedenk der an der Mosel vielseitig erfahrenen Gastfreundschaft möchte die Volksrepublik China sich bei den Trierern dankbar erweisen. Kosten soll das Werk die Trierer nichts, von einer Beteiligung am Sockel in Höhe von 35 000 Euro abgesehen. Der renommierte Künstler Wu Weishan wurde auserkoren, das Geschenk in die Tat umzusetzen. Der Künstler hat Größe und Standort so gewählt, dass er sein Werk in Sichtweite des früheren Wohnhauses der Familie Marx platzieren kann. Details zu Größe und Standort sollte Baudezernent Andreas Ludwig bis zur nächsten Stadtratssitzung am 6. April mit den Chinesen noch nachverhandeln. Für Irritationen hingegen sorgte der Umstand, dass die Stadtverwaltung ein Dummy der geplanten Statue zwei Tage lang auf dem Simeonstiftplatz neben der Porta Nigra platziert hatte.

In der hitzigen Diskussion im Stadtrat gab es vor allem zwei Seiten. Während die einen, etwa aus den Reihen der SPD, den Statuenstreit als willkommene Gelegenheit interpretierten, in einen langfristigen Diskurs über Marx zu treten, erschien der „Riesen-Marx“ den anderen allein ob seiner äußeren Form als eine Nummer zu groß. Zu groß jedenfalls für ein Denkmal, das aus einem „despotischen, unmenschlichen und blutrünstigen Regime geschenkt“ werde, wie Tobias Schneider von der FDP meinte. Und Reiner Marz von den Grünen schlug vor, mit der Ablehnung des Geschenks „ein Zeichen gegen Menschrechtsverletzungen“ zu setzen. So weit kam es dann doch nicht. Am Ende stimmten 42 Mitglieder für die Annahme des Geschenks, sieben waren dagegen, vier enthielten sich.

Sollten sich die Trierer mit „ihrem“ Marx partout nicht anzufreunden wissen, böte sich – rein theoretisch – auch Bonn als geeignetes Ausweichquartier an. Dort sollte man über die Trierische Entfremdung jedenfalls nicht allzu laut lachen. Denn bekanntlich zog es den jungen Revolutionär mit 17 Jahren zum Studium an die Friedrich-Wilhelms-Universität, wo seine ersten Wege in eine Studentenverbindung und – vom Universitätsrichter als Radaubruder abgeurteilt – in den Karzer des Hauptgebäudes führten. Zumindest über den Standort des Denkmals müsste man sich, ganz anders als in Trier, also nicht allzu lange streiten.

Das Land Rheinland-Pfalz und die Stadt Trier planen 2018 eine große Marx-Ausstellung in Trier. Näheres dazu im Internet unter www.karl-marx-ausstellung.de.

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