Dat is Rheinisch Bes do widde am urjele?

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: urjele.

 An dieser Klais-Orgel aus Bonn, die in Malmö Schweden steht, lässt es sich gut „orgeln“.

An dieser Klais-Orgel aus Bonn, die in Malmö Schweden steht, lässt es sich gut „orgeln“.

Foto: Jörg Manhold

Manchmal muss man Musik in sein Leben hineinlassen, das kann stimmungstechnisch sehr weiterhelfen. Das tun wir mit der rheinischen Redensart: „Bes do widde am urjele?” Der hochdeutschen Übersetzung nähern wir uns mit der Herleitung von „urjele”. Dazu sagt Adam Wrede in seinem „Neuen kölnischen Sprachschatz”: Urjel stammt vom althochdeutschen Organa ab, aus dem später Orgela und dann Orgel wurde. Es bezeichnet die Mitglieder jener Instrumentenfamilie, die am häufigsten und in der größten Daseinsform in unseren Kirchen anzutreffen sind. Ein Instrument, das mit Hilfe von Pfeifen seine Töne produziert.

Unser Satz heißt also wörtlich: Bis du wieder am orgeln? Das würde in der heutigen Zeit am ehesten den Organisten ansprechen, der auf seinem Instrument spielt. Tatsächlich hat das Verb im Laufe der Zeit eine Erweiterung seines Bedeutungsspektrums erfahren. Zunächst einmal bezeichnete es den Leierkastenmann, der auf der Drehorgel spielt. Die kann man heutzutage kaum noch live erleben, aber hier und da trifft man sie noch auf Jahrmärkten oder auf belebten öffentlichen Plätzen an.

Ein hölzerner Kasten namens Drehorgel

Die Drehorgel ist ein hölzerner Kasten mit zahlreichen Pfeifen. Der Drehorgelspieler dreht schnell ein Rad oder einen Schwengel und transportiert damit ein Lochband, das mit jedem vorgestanzten Loch einen Ton freigibt. Weil der Vorgang des Drehorgelspielens nicht unbedingt sehr anspruchsvoll ist, meint man mit urjele meist geringschätzig: eintönig und langweilig musizieren. Man könnte auch sagen, hier wird etwas heruntergeleiert. Es bedeutete aber darüber hinaus auch, ganz allgemein klagen, quengeln, heulen.

Später kam noch die Bedeutung hinzu: An etwas herumdrehen und dabei einen gehörigen Lärm machen. Wenn beispielsweise jemand ein Problem mit dem Anlasser des Autos hat und immer wieder am Zündschlüssel dreht, so dass der Motor angeht und aufheult, aber dann wieder ausgeht, dann kann der Satz zum tragen kommen. „Bes do widde am urjele”.

Die Familie als Urjelpiefe

Das hat dann mit dem Instrument der Orgel gar nichts mehr zu tun, und von Musik kann da auch gar keine Rede sein. Übrigens mehr aus dem optischen Sektor stammt die Vorstellung: Die stonn wie de Urjelpiefe (die stehen wie die Orgelpfeifen), wenn sich eine größere Familie fürs Gruppenbild nach der Körpergröße sortiert und ablichten lässt. Das erinnert dann schon wieder mehr an die Kirchenorgel.

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