Ford-Werk in Köln Beschäftigte aus Genk zündeten Reifen an und stürmten das Gelände

KÖLN · Wütende Mitarbeiter von Ford im belgischen Genk haben am Mittwoch in Köln gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze protestiert. Vor der Deutschland- und Europazentrale des US-Autobauers setzten sie Reifen in Brand und zündeten Knallkörper. Einige Protestierende seien auf das Werksgelände vorgedrungen, teilte die Polizei mit. Beamte nahmen die Personalien von 170 Demonstranten auf.

 Polizeieinsatz: Beamte gehen vor dem Werksgelände gegen Demonstranten vor.

Polizeieinsatz: Beamte gehen vor dem Werksgelände gegen Demonstranten vor.

Foto: Hanano

In der Henry-Ford-Straße in Köln reihten sich am Mittwochmorgen Polizeiwagen an Polizeiwagen, weitere Einsatzfahrzeuge und Krankenwagen standen in der Geestmünder Straße. Mehrere Hundertschaften waren vor Ort, weil eine Protestaktion von Ford-Mitarbeitern aus dem belgischen Genk vor der Deutschland- und Europazentrale in Niehl eskaliert war.

"Um 8.38 Uhr wurden wir vom Ford-Werksschutz gerufen", sagte Polizeisprecherin Stefanie Lage. Da hatten die Ford-Mitarbeiter aus dem vor der Schließung stehenden Werk in Genk Tor 3 blockiert, Reifen angezündet und Knallkörper gezündet. Eine Demonstration sei nicht angemeldet gewesen. Schnell habe die Polizei aber alle verfügbaren Kräfte zusammengezogen, so Lage.

Denn als Polizei und Feuerwehr die Reifen löschen wollten, habe es eine Rangelei gegeben. Ein Teil der Demonstranten sei auf das Ford-Gelände vorgedrungen. Hier sprechen der Europa-Betriebsrat von Ford und die europäische Geschäftsführung über die Strategie in Europa.

Auf dem Werksgelände gingen nach Angaben der Polizei Scheiben zu Bruch. Ford berichtet lediglich von einer eingedrückten Glastür. Schnell habe Dieter Hinkelmann, der Chef des Kölner und des europäischen Ford-Betriebsrates, die Protestierer beruhigen können. Werksschutz und Polizei hätten sie vor das Werkstor geleitet, wo die Polizei einen Kreis um sie bildete. Hier kühlten die Gemüter ab. Brötchen und Getränke wurden vor das Werkstor gebracht.

"Wir wollen zeigen, dass wir nicht kampflos Genk schließen lassen", sagte Betriebsrat Gaby Colebunders. Die Mitarbeiter fühlen sich vom Ford-Management getäuscht. Sie hätten eine schriftliche Vereinbarung mit dem Europamanagement, dass Fahrzeuge auf der C/D-Plattform, auf der die in Genk montierten Mondeo, S-Max und Galaxy basieren, in Europa ausschließlich in Genk montiert werden, sagte Rohnny Champagne von der Gewerkschaft ABVV Metaal.

Es sei ihnen vom Management sogar noch wenige Wochen vor der Ankündigung, dass Genk Ende 2014 geschlossen werde, mitgeteilt worden, dass auch der neue Mondeo ab Oktober 2013 in Genk gebaut werde, so Champagne. Und dann habe das Europamanagement vor zwei Wochen noch nicht einmal selbst die geplante Schließung des Werks in Genk verkündet, sondern das dem Management vor Ort überlassen.

Fast zeitgleich verteidigt Alan Mulally, der Chef des Ford-Konzerns, in Berlin die angekündigte Schließung dreier Werke in Genk, Southampton und Dagenham bis Ende 2014 und den Abbau von insgesamt 6200 Stellen in Europa. Um künftig in attraktive Produkte investieren zu können, sei es wichtig, dass der Konzern jetzt seine Kapazitäten der Nachfrage auf dem Weltmarkt anpasse, erklärte Mulally. Die Genker Modelle werden künftig im spanischen Valencia montiert, dafür kommt der C-Max nach Saarlouis.

Sprechchöre skandieren die Arbeiter aus Genk erst wieder, als die Polizei ihnen am Mittag sagt, dass ihre Personalien festgehalten und sie fotografiert werden. Kurz später geleiten jeweils zwei Beamte einen Demonstranten weg vom Werkstor.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen schwerem Landfriedensbruch, Verstößen gegen das Wafen- und Sprengstoffgesetz und wegen Körperverletzung, so Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Aus der Gruppe seien Straftaten verübt worden. Drei Polizisten und ein Mitglied der Werksfeuerwehr hätten Knalltraumata erlitten.

Die Böller waren wohl selbst gebastelt. Das Landeskriminalamt untersucht jetzt, wie gefährlich sie waren. Es sollen auch Molotow-Cocktails geworfen worden sein. Ford selbst will keine Strafanzeige erstatten, sagte Rainer Ludwig, Geschäftsführer für Personal der Kölner Ford-Werke.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort