Dat is Rheinisch Dä hätt och e Semeste zovell studeet!

Rheinland · Der GA stellt jede Woche eine neue rheinische Redensart vor. Diesmal: Semeste zovell!

Studieren kann eine theoretische Angelegenheit sein.

Studieren kann eine theoretische Angelegenheit sein.

Foto: picture alliance / Zoonar/benis arapovic/dpa

Der Rheinländer verlässt sich gerne auf sein Gefühl, auf seine Intuition. Und aus dieser Quelle speisen sich auch die zahlreichen Alltagsweisheiten, die sich in den rheinischen Redensarten manifestieren.

Sie sind kurze, knappe, pointierte Zusammenfassung von Alltagserfahrungen, die sich über Jahrzehnte zu festen Glaubenssätzen zurechtgeschliffen haben. Und weil man mit solchen Ratschlägen sein Leben ganz gut in den Griff bekommt, hegt man gelegentlich eine gewisse Skepsis gegenüber allzu theoretischen Perspektiven.

Akademiker kommen nicht gut weg

Akademiker kommen da im Allgemeinen nicht so gut weg. Das zeigt sich auch in der Redewendung: „Dä hätt och e Semeste zovell studeet!“ Wir gehen mit der hochdeutschen Übersetzung zum Angriff über: Der hat auch ein Semester zu viel studiert! Das heißt im übertragenen Sinne: Der ist nicht nur sehr akademisch unterwegs in Anbetracht der Tatsache, dass er studiert hat. Er ist sogar noch extremer unterwegs, denn er hat sogar ein halbes Jahr mehr studiert, als ihm gutgetan hat. Er ist sehr vergeistigt und denkt viel zu kompliziert.

Dafür hat Johann Wolfgang von Goethe im Faust eine sehr schöne Formulierung geschaffen. Der teuflische Mephisto sagt dort: „Vergebens, dass ihr ringsum wissenschaftlich schweift, ein jeder lernt nur, was er lernen kann. Doch der den Augenblick ergreift, das ist der rechte Mann.“

Emotionale Intelligenz ist wichtig

Das ist eine ernüchternde Erkenntnis für alle, die ihre Alltagsprobleme von der intellektuellen Seite aus angehen. Denn das, was man gemeinhin als emotionale Intelligenz versteht, ist vielfach schneller und zielführender. Dafür ist es aber schwerer erlern- und vermittelbar. Und es braucht ein bisschen Mut, seiner eigenen gefühlsgesteuerten Einschätzung zu vertrauen.

Vielleicht hilft da die Erkenntnis, dass Wissen schon entstehen kann, bevor man es begrifflich fassen kann. Selbst wenn man ein oder mehrere Semester weniger studiert hat.

Mehr Rheinisch von Jörg Manhold gibt es in der Mundartmatinee am Sonntag, 17. Dezember, ab 11 Uhr im Contra-Kreis-Theater zugunsten des GA-Weihnachtslichts. Karten gibt es für zehn Euro unter bonnticket.de und an den Vorverkaufsstellen.