Rheinische Redensarten Dann simme quitt

Rheinland · Wir stellen bedeutungstiefe und schöne rheinische Redewendungen vor. Dieses Mal geht es um: „Dann simme quitt.“

 Dann sind wir einander nicht mehr schuldig.

Dann sind wir einander nicht mehr schuldig.

Foto: GA-Grafik

Der Rheinländer hält viel von Gerechtigkeit. Er mag ja ein lockerer und lustiger Zeitgenosse sein, aber wenn er das Gefühl hat, übers Ohr gehauen zu werden, dann hört der Spaß auf. Das gehört quasi zu den Grundwerten der rheinischen Lebensart. Einerseits ist geben seeliger denn nehmen, aber nur wenn man selbst Herr des Vorgangs bleibt. Am Ende muss ein Handel pari ausgehen, selbst wenn es gar nicht um monetäre Werte geht. In dieser Situation ist eine schöne rheinische Alltagsredensart am Start: „Dann simme quitt.“

Im Kölnischen Sprachschatz von Adam Wrede wird quitt übersetzt mit frei oder ledig. Aber auch: ausgeglichen, erledigt, nichts mehr schuldig, frei von. In früheren Zeiten sagte man hier und da auch schon mal quick. Im vorliegenden Satz wäre eine angemessene hochdeutsche Übersetzung: Dann sind wir einander nichts mehr schuldig.

Da sind lateinische Wurzeln

Die Vokabel quitt kann man kreuz und quer durch das Französische und Mittelhochdeutsche bis zu den lateinischen Wurzeln verfolgen. Dort gibt es den seit zwei Jahrtausenden geltenden Rechtsgrundsatz „Quid pro quo“. Er ist zugleich das ökonomische Prinzip, dass derjenige, der etwas gibt, dafür auch eine in etwa gleiche Gegenleistung erhält.

In dieser Bedeutung gibt es die Parallele zu „manus manum lavat“, zu gut Deutsch: eine Hand wäscht die andere. Und das ist doch mal ein Prinzip, das in Köln verstanden wird. Manche nennen es freundschaftliche Verbundenheit, andere Klüngel. Aber wir schweifen ab: Wenn man sagt, wir sind quitt, dann hat die Gegenseite geliefert, nachdem man selbst in Vorleistung getreten war.

Der andere erwartet nichts

Das Geschäft ist also abgeschlossen. Der andere erwartet nichts mehr und man selbst hat auch nichts mehr zu erwarten. Ein leicht abgewandelter Sinn kommt ins Spiel, wenn jemand über des anderen Frau sagt: Die biste quitt. Das heißt dann: Die bist du los. Die hast du verloren. Oder: Von der bist du befreit. So oder so signalisieren die Sätze mit dem Kennwort quitt, dass nun Gerechtigkeit und Freiheit Einzug halten. Und das ist doch eine gute Nachricht.

Die gesammelten Kolumnen gibt es im Buch „Rheinisch für Fortgeschrittene“. Hören Sie auch unseren Podcast „So geht Rheinisch“, abrufbar auf allen Medienplattformen und unter www.ga-bonn.de/podcast. Haben Sie auch eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns unter rheinisch@ga.de

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