Das ist Rheinisch Em Lävve net!

Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Em Lävve net!

 Im Leben nicht!

Im Leben nicht!

Foto: GA-Grafik

Der ambitionierte Troisdorfer Hobbyfußballer Guido Cantz, der außerhalb des Platzes auch schon mal sein Talent als Komiker und Moderator ausspielt, hat verschiedentlich von einer rheinischen Kneipenbekanntschaft berichtet, die wir hier ausdrücklich erwähnen wollen, weil sie so idealtypisch ist.

Ja, man könnte sagen, wenn wir diese Geschichte erzählen, dann profitieren ganz besonders die Menschen, die erst jüngst hierhin gezogen sind und sich quasi als Rheinisch-Novizen sehen. Diejenigen, die ein grundlegendes Interesse am Dialekt haben, aber vielleicht zurückschrecken vor der unermesslichen Tiefe dieses Sprachfeldes.

Zehn-Minuten-Rheinisch-Grundkurs

Hier hätten wir den Einstieg in die rheinische Sprache, die im VHS-Programmheft als Zehn-Minuten-Grundkurs durchgehen könnte. Denn, ob man es glaubt oder nicht: Wenn man in der Kneipe sitzt und sich mit Rheinländern unterhält, dann braucht man eigentlich nur zwei Sätze. Und mit denen kann man sich einen ganzen Abend lang smalltalk-mäßig über Wasser halten. Cantz hat das, wie er sagt, selbst erlebt mit einem Bekannten, der – wohl in einer Troisdorfer Eckkneipe – den Gesprächen mit jeglichem Thema folgte und abwechselnd kommentierte mit: „Jo, jo dat!“ und „Em Lävve net!“

Nun handelt es sich bei Ersterem eigentlich schlicht um eine Zustimmungsfloskel, die man auch mit „Ja!“ abkürzen könnte. Dementsprechend bedeutet Zweitere auf den Punkt gebracht: „Nein!“ Allerdings wird man mit dieser Vereinfachung dem Lebensgefühl und der Sprachvirtuosität des Rheinländers nicht gerecht. Denn die Psychologie dieser beiden Sätze ist frappierend. Einmal wörtlich ins Hochdeutsche übersetzte, heißen sie: Ja, ja, genau das! Und: Im Leben nicht!

Ja und Nein und viel Psychologie

Es ist schnell erkennbar, dass es sich hier um sehr nachdrückliche Aussagen handelt, die keinen Zweifel zulassen. Dementsprechend wird der Gesprächspartner auch keine weiteren Erläuterungen erwarten. Und genau das ist ganz im Sinne des Urhebers. Tatsächlich spielt er damit den Ball wieder zurück an sein Gegenüber. Eigentlich will er nur sagen: Ich bin noch da, ich bin noch nicht eingeschlafen, ich bin ganz Ohr, sprich einfach weiter.

Insofern haben die beiden Sätze streng genommen keinen eigenen Inhalt und keine tiefere Bedeutung. Sie sind einfach nur das unerschöpfliche Schmiermittel für jeden Dialog. Man darf vermuten, dass sich der Gesprächspartner in dieser Situation wohlfühlt. Er erfährt keinen Widerspruch und ist motiviert, weiterzusprechen. Das ist schon ein perfider psychologischer Trick des Rheinländers. Gut, dass er ob seiner Kürze und Einfachheit leicht zu erlernen ist, auch für Zugezogene.

Weitere Kolumnen sind in den Büchern „Rheinische Redensarten“ und „Rheinisch für Fortgeschrittene“ erschienen, Lempertz-Verlag. Haben Sie auch eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de

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