Das ist Rheinisch Leev Tant Dresje!
Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Leev Tant Dresje!
Manchmal kann es der Rheinländer einfach nicht fassen. Etwa, wenn plötzlich irgendetwas Unvorhergesehenes und vor allem Unerwartetes passiert. Oder er hat jemandem etwas langwierig und sehr minutiös erläutert, aber der will partout nicht kapieren. Für diese Fälle hat sich eine rheinische Redensart etabliert, die gleichzeitig Entsetzen, Unverständnis und Dünnhäutigkeit darstellt. Dann sagt der Rheinländer: „Leev Tant Dresje!“
Ein Stoßgebet gen Himmel
Es ist wie ein Stoßgebet, was man daran erkennt, dass der Sprecher die Arme in die Höhe reißt und die Augen gen Himmel dreht. Der Satz selbst ist eigentlich banal und schnell ins Hochdeutsche übersetzt. Er lautet: Liebe Tante Therese! Oder besser: Theres-chen, denn das „-je“ ist der rheinische Diminutiv, also die Verniedlichungsform. Jetzt können wir spekulieren, warum sich die genervte Anrede ausgerechnet an die Tante Therese richtet.
Vielleicht weil man beim Wort Tante eine etwas ältere, nicht unbedingt mit bester Auffassungsgabe gesegnete Dame vor Augen hat, der man alles dreimal erklären muss. Der Name Therese ist ja eigentlich unverdächtig.
Die Heilige Teresa
Bezieht er sich doch im katholischen Rheinland meist auf die Heilige Teresa von Avila, die Ordensgründerin der Unbeschuhten Karmelitinnen, die immerhin schon Anfang des 16. Jahrhunderts lebte. Vielleicht hilft der Verweis auf die zeitgenössische Mutter Teresa, die sich in Indien um Arme, Obdachlose, Kranke und Sterbende kümmerte und damit Sinnbild für Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe wurde. Denn der Satz „Leev Tant Dresje!“ beschreibt ohne Zweifel den Dialog zwischen einem Helfenden und jemandem, dem geholfen werden muss.
An dieser Stelle müssen wir dem Thema noch eine andere Wendung abgewinnen, denn interessant ist die Metamorphose von Therese zum mundartlichen Dresje, denn da wird einiges umgeformt und weggelassen.
Jupp und Billa
So etwas findet sich in mancher dialektologischer Veränderung. Dann wird nämlich aus Katharina et Tring. Und Sibylle heißt et Billa. Weithin bekannt ist Jupp, die kölsche Form von Josef. Für Johannes gibt es verschiedene Varianten, etwa Hennes und Scheng. Letzteres klingt schon ziemlich Chinesisch. Klar nachvollziehbar ist Wellemina, das von Wilhelmina stammt. Baltes kommt von Balthasar und – klar – Pitter von Peter.
Eine nette Geschichte gibt es zum Köbes, der ja weniger Vorname als Berufsbezeichnung ist. Das ist der Kölsch-Brauhauskellner. Der Legende nach hatten die das Monopol auf die Bedienung der Pilger auf dem Jakobsweg. Denn Köbes ist die mundartliche Spielart von Jakob. Alles klar?