Das ist Rheinisch Nemm disch vür, dat ess en ahl Kraat!

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Dat ess en ahl Kraat.

 Das ist eine alte Kröte!

Das ist eine alte Kröte!

Foto: GA-Grafik

Die Vielfalt des Rheinischen ist sprichwörtlich. An verschiedenen Orten, werden die gleichen Dinge durchaus unterschiedlich bezeichnet. Das betrifft nicht nur Nuancen. In manchen Gegenden wechseln die Vokabeln komplett gegenüber benachbarten Gebieten. Also: Vielfalt!

Da scheint der nachfolgende Befund beinahe im Widerspruch zu stehen. Denn in der Sprachforschung hat sich inzwischen eine Erkenntnis durchgesetzt, die besagt: Wir sprechen beim Platt, also der rheinischen Mundart, nicht mehr vom Dialekt, sondern vom Regiolekt.

Dialekt und Regiolekt

Der Grund dafür ist leicht erklärt. War der Dialekt früher DIE Alltagssprache, die Zuhause, beim Bäcker und auf dem Fußballplatz gesprochen wurde und hatten sich durch die engen Sprachgemeinschaften auch besondere Spezialitäten herausgebildet, so ist heutzutage das Rheinische im Allgemeinen ins Ghetto des Karnevals zurückgedrängt.

Man singt in der fünften Jahreszeit und auch darüber hinaus kölsche Lieder, die alle ein abgeschliffenes Vokabular transportieren. Wer Rheinisch von den Höhnern, Bläck Föös und Kasalla lernt, der ist einigermaßen weit entfernt vom ursprünglichen Dialekt vor der eigenen Haustüre. Er spricht nicht mehr Dialekt, sondern einen Regiolekt, den man überall im weiteren Umfeld versteht und der keinen lokalen Eigenheiten mehr enthält.

Kraat und Frösch

Umso interessanter sind die Sprachkarten der Wissenschaftler, die einstige Unterschiede dokumentieren.  Nehmen wir einmal den Satz: „Nemm disch vür, dat ess en ahl Kraat!“ Für die Zugezogenen übersetzen wir: Nimm Dich in acht, das ist eine alte….! Und da stellt sich die Frage, was eine Kraat ist.

Wir spoilern an dieser Stelle kurz und knapp: Es handelt sich um eine Kröte. Mit dem Satz bezeichnete man in der Regel eine ungeliebte weibliche Person. Im Sinne einer Typologie ist damit jemand gemeint, der Klatsch und Tratsch verbreitet, selten mit positiver Intention, meist verleumderisch und überneugierig.

Interessant, dass der Begriff Kraat in der Bonner Region sehr verbreitet war. Ja, in Wachtberg und Niederkassel sogar ausschließlich als Bezeichnung für ein schwanzloses Amphibium. Im Norden, Westen und Osten des Bonner Stadtgebietes allerdings sagt man auch abgewandelt „Kröt“. Eine Vokabel, die näher am Hochdeutsch liegt.

Von Lurchen und Kriechtieren

In Bornheim heißt es auch „Höppekraat“, also in etwa: Hüpfkröte. Im Rechtsrheinischen inklusive Sankt Augustin kommt auch die Schwellkraat ins Spiel. Und hier und da gibt es noch den Begriff Muttkraat, was Schlammkröte bedeutet. Die Einwohner des Troisdorfer Ortes Bergheim wurden von den Nachbarn gerne als Berschheme Muttkraade bezeichnet, denn in dem Siegauen-Überschwemmungsgebiet war immer mal wieder Schlamm anzutreffen.

Übrigens ist in Bad Godesberg auch der Begriff Frosch oder Frösch als Ersatzbegriff genannt. Möglicherweise deutet das darauf hin, dass man sich dort ein bisschen vornehmer ausdrücken möchten. Das ist allerdings biologisch völlig daneben gegriffen, denn der rheinische Herpetologe (Erforscher der Lurche und Kriechtiere) weiß: Zwischen Kröte und Frosch ist ein himmelweiter Unterschied. Hätte die Prinzessin im Froschkönig-Märchen eine Kröte geküsst, wäre sicher nie der Prinz erschienen.

Haben Sie eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de

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