Neue Vorwürfe gegen Pfarrer "Das Schlimmste" ist passiert

ERFTSTADT · "Ich bin erschüttert", sagte Pfarrer Willi Hoffsümmer zu den neuen Vorwürfen, die gegen den Liblarer Pfarrer Winfried Jansen erhoben werden.

 Um Winfried Jansen zu unterstützen, postierten Gläubige Kerzen und Briefe vor der Kirche.

Um Winfried Jansen zu unterstützen, postierten Gläubige Kerzen und Briefe vor der Kirche.

Foto: Reinartz

"Ich leide mit den Leuten, die am Schweigemarsch teilgenommen haben und ein stückweit irregeleitet waren." Vor allen Dingen sieht er jetzt keine Chance mehr, Jansen zurückzuholen. Dass sich nun ein mutmaßliches Opfer aus Erftstadt gemeldet habe, sei "das Schlimmste, was passieren konnte".

Hoffsümmer ist Pfarrvikar in Bliesheim und langjähriger Weggefährte von Pfarrer Jansen, der Anfang Februar von seinen Ämtern entbunden wurde, weil ihm vorgeworfen wird, in den siebziger Jahren sexuelle Grenzverletzungen an einem neun Jahre alten Mädchen begangen zu haben.

Wie es nun in einer gemeinsamen Erklärung von Jansen und dem Erzbistum Kölns heißt, haben sich zwei weitere Betroffene gemeldet. Die neuen Vorwürfe beziehen sich auf ",mehrjähriges sexuell grenzverletzendes Verhalten gegenüber einem Kind Anfang der siebziger Jahre", als Jansen Kaplan in Köln-Sülz war. In einem weiteren Fall geht es um eine Jugendliche in den achtziger Jahren in Erftstadt.

In der Erklärung räumt Jansen ein, dass sein Verhalten für die Betroffenen sexuell grenzverletzend war. Der heute 73-Jährige entschuldigt sich zudem bei den betroffenen Frauen und bei der Kirchengemeinde.

Myriam Iber gehört dem Pfarrgemeinderat Erftstadt-Ville an, sie nahm am Dienstag an Gesprächen mit dem Erzbistum teil, in denen die neuen Vorwürfe bekanntgemacht wurden. "Man muss in dieser Situation mit allen Beteiligten fair umgehen und die Vorwürfe prüfen", betont sie.

Die Solidaritätsbekundungen für Pfarrer Jansen hält sie aber nach wie vor für richtig: "Da geht es ja darum, was die Menschen persönlich empfinden." Sie selbst kenne Jansen seit Jahrzehnten und spreche ihm nach wie vor ihr vollstes Vertrauen aus: "Ich weiß aber auch, dass man angesichts der Vorwürfe dieses Vertrauen nicht von jedermann verlangen kann." Deswegen habe es auch keine andere Möglichkeit als die Beurlaubung von Pfarrer Jansen gegeben.

Für den Pfarrgemeinderat stehe nun im Mittelpunkt, die Gemeinde zusammenzuhalten. "Wir brauchen personelle Unterstützung", erklärte Iber. Außerdem hätten viele Gläubige Fragen: Wie geht es mit den Kommunionkindern und den Messdienern weiter, wie mit der pastoralen Arbeit in Kindergärten und Schulen? Dazu biete das Erzbistum Gespräche mit allen Gemeindemitgliedern an. Aufgrund der aufgetretenen Spannungen soll ein externer Mediator zwischen der Pfarrei und dem Erzbistum vermitteln.

Überrascht von den neuen Vorwürfen zeigte sich Rechtsanwalt Raymond Pieper, der aus Solidarität zu Pfarrer Jansen eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen hatten. Mehr als 3300 Unterschriften seien bisher zusammengekommen, berichtete Pieper. An der Kritik am Verfahren des Erzbistums, das einer Vorverurteilung gleichkomme, halte man fest. "Wir treten weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass alle Vorwürfe aufgeklärt werden." Abstand nehme man angesichts der neuen Vorwürfe aber von der Forderung, dass Jansen für die Dauer des Verfahrens nach Erftstadt zurückkommen solle.

"Ich bin traurig über die Entwicklung, die die Angelegenheit genommen hat", erklärte Kreisdechant Achim Brennecke. Brennecke war bereits während des Solidaritätsgottesdienstes für Jansen in Erftstadt zu Gast. "Ich stehe auch weiterhin als Gesprächspartner zur Verfügung", sagte er.

Christoph Heckeley, Pressesprecher des Erzbistums, erklärte auf Anfrage, dass sich die beiden weiteren mutmaßlichen Opfer nach Bekanntwerden des ersten Falles beim Erzbistum gemeldet haben. Ob Strafanzeige erstattet wird, hänge auch vom Willen der Betroffenen ab: "Wir machen das nicht gegen deren Wunsch."

Strafanzeigen gegen das Erzbistum Köln

Bei der Staatsanwaltschaft Köln liegen mittlerweile zwei Strafanzeigen gegen Vertreter des Erzbistums vor, sagte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn auf Anfrage. Sie richten sich gegen Kardinal Rainer Woelki, Generalvikar Stefan Heße und Pressesprecher Christoph Heckeley. Unter anderem wird ihnen Verleumdung und Verletzung der Persönlichkeitsrechte vorgeworfen. "Wir prüfen derzeit, ob es ein ausreichender Anfangsverdacht für Ermittlungen vorliegt", erläuterte Willuhn.

Nicht bestätigen konnte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer, dass eine Anzeige gegen Winfried Jansen vorliegt. Die Staatsanwaltschaft sieht auch nach den neuen Vorwürfen keinen Grund, von sich aus tätig zu werden. "Erst wenn uns ein prüffähiger Sachverhalt vorliegt, können wir beurteilen, ob es sich um Vorgänge von strafrechtlicher Relevanz handelt", sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Derzeit habe man keine Erkenntnisse über die Schwere der Taten und über den Tatzeitpunkt. Deswegen könne man auch keine Aussagen über die Frage der Verjährung treffen.

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