GA-Serie "Rheinische Redensarten" Der Essel, der sechs Säck drät, der spürt de siebte net mieh

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

 Der Esel, der sechs Säcke trägt, der spürt den siebten nicht mehr.

Der Esel, der sechs Säcke trägt, der spürt den siebten nicht mehr.

Foto: GA-Grafik

Heutzutage wird viel davon gesprochen, dass die Gesellschaft im Wandel begriffen ist und dass die Vereine vor großen Problemen stehen. Vielfach fehlt es an Nachwuchs. Außer den Sportvereinen gehen vielen e.V.s die Mitglieder aus.

Und genau dieser Befund hat auch mit der vorliegenden Rheinischen Redensart zu tun, die es allerdings schon länger gibt und somit keineswegs eine moderne Erkenntnis ist. Es geht um: "Der Essel, der sechs Säck drät, der spürt de siebte net mieh." Auf Hochdeutsch heißt das: Der Esel, der sechs Säcke trägt, der spürt den siebten nicht mehr. Klar, soweit.

Die Bedeutung widmet sich der Tatsache, dass es immer dieselben Menschen sind, die in Vereinen oder Institutionen Verantwortung oder lästige Dienste übernehmen. Es sind immer die gleichen Gesichter, die man bei Festen hinter der Theke oder beim Kassendienst sieht. Und man hat den Eindruck, dass derjenige, der gerne bereit ist zu helfen, recht schnell ein Monopol auf die Ableistung unentgeltlicher Dienstleistungen erhält.

Dieser Trend ist schon länger nachweisbar, scheint sich aber deutlich verstärkt zu haben. Nun klingt die vorliegende Redensart aber keineswegs wie ein Lob für den Fleißigen. Denn der Begriff Esel wird meist als Synonym für einen Dummen benutzt. In Anlehnung an einen bekannten Buchtitel von Ulrich Wickert könnte man sagen: Der Fleißige ist immer der Dumme.

Und tatsächlich scheint es sich bei den Angesprochenen um Typen zu handeln, die nicht gut Nein sagen können. Das wäre ihnen aber hin und wieder zu wünschen, denn sonst besteht die Gefahr, dass ihre Gutmütigkeit ausgenutzt wird und sie in Arbeit ersticken, während Andere daneben stehen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.

In diesem Sinne verbuchen wir diese Redensart als einen sehr fürsorglichen Hinweis, auch wenn er der Form nach das Zeug zu einer Beleidigung hat. Aber wie so oft ist das Rheinische hier der Sache nach zu verstehen und nicht dem Wortlaut entsprechend.

Haben auch Sie einen rheinischen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns unter rheinisch@ga.de

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