Entlassung des Kölner Polizeichefs Die Notbremse des Ministers

Köln · Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers stürzt über das Chaos vor dem Hauptbahnhof. Noch immer sind viele Details der Ereignisse unklar.

Der Minister brauchte am Ende nur zwei Minuten, um den Chef der größten Polizeibehörde des Bundeslandes zu verabschieden. Schwer gefallen ist es ihm nicht. Ein kurzer Dank für die "langjährige, engagierte" Arbeit. Dann war Ralf Jäger (SPD) schon bei den anstehenden Aufgaben: "Es geht darum, das Vertrauen der Bürger in die Kölner Polizei wieder herzustellen." Es gehe um "Handlungsfähigkeit", gerade angesichts der anstehenden Großveranstaltungen des Kölner Karnevals.

Überrascht hat der Rauswurf am Ende niemanden mehr. Am allerwenigsten wohl Albers selbst. Er zeigte Verständnis für die Entscheidung des Ministers, da sich die öffentliche Debatte nach den chaotischen Szenen der Silvesternacht immer mehr auf seine Person fokussiert habe. "Deshalb verstehe ich die heutige Entscheidung von NRW-Innenminister Ralf Jäger", heißt es in einer gestern veröffentlichten Stellungnahme von Albers. In einem Rundschau-Interview hatte Albers in dieser Woche einräumen müssen, bereits am Neujahrsmorgen von den Ausschreitungen auf dem Bahnhofsvorplatz erfahren zu haben.

Seine Behörde hatte die Öffentlichkeit erst am Nachmittag des Folgetages informiert. Unterdessen machten Enthüllungen aus den Berichten leitender Polizeibeamter das Ausmaß der Gewalt und des Versagens der Behörde deutlich. Zum Verhängnis wurde Albers vor allem, dass seine Behörde offenbar genaue Kenntnisse über die Herkunft vieler Verdächtiger nicht benannt hat, dass es sich dabei auch um Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und aus Afghanistan gehandelt haben soll.

Kritik von Kölner OB Reker

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte zuvor beklagt, dass die Polizei offenbar seit Tagen ein wesentlich differenzierteres Bild der Lage besessen habe, als es ihr auf Nachfrage vermittelt worden sei. Sie habe erst aus den Medien davon erfahren.

Zum Verhängnis wurde Albers auch, dass er hartnäckig davon gesprochen hat, man sei in der Silvesternacht personell gut gerüstet gewesen. Tatsächlich hätte die Polizei in der Silvesternacht noch weitere Hundertschaften nachfordern können, hat dies aber nicht getan. Das Kölner Polizeipräsidium habe ein Angebot des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg nicht in Anspruch genommen, bestätigte ein Sprecher des Amtes auf Anfrage.

"Wir haben gefragt: Braucht ihr noch Unterstützung? Die Antwort war, dies sei nicht erforderlich", sagte der Sprecher. Die genaue Uhrzeit des Gespräches könne nicht mehr ermittelt werden, man habe aber die ganze Nacht in Kontakt gestanden. "Wir gehen aktiv auf die großen Behörden zu und die berichten auch an uns", sagte der Sprecher. 114 Beamte hätten relativ kurzfristig abgerufen werden können.

Jäger: Keine weiteren Auskünfte vor Montag

Die Entlassung war aber auch für Jäger die letzte Möglichkeit, Druck aus dem Kessel zu nehmen. Denn auch der Innenminister selbst sah sich zuletzt immer hartnäckigeren Fragen gegenüber. Etwa der, ob er tatsächlich im Vorfeld aus Köln angeforderte Polizeikräfte abgelehnt habe.

Oder wann dem Innenministerium eine Einsatzmeldung bekannt war, laut der unter den Verdächtigen zahlreiche Flüchtlinge gewesen sind. Das Ministerium teilte am Freitagmittag schmallippig mit, dass es vor der Sitzung des Innenausschusses am Montag keine weiteren Auskünfte geben wird.

Nachfragen ließ auch Jäger selbst am späten Nachmittag nicht zu. Nicht zum ersten Mal hatte Albers auch den Innenminister in Erklärungsnotstand gebracht. Dieses Mal griff er zur Notbremse.

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