Dat is Rheinisch Do steiht hä puddelrüh!

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Puddelrüh!

 Da steht er splitternackt!

Da steht er splitternackt!

Foto: GA-Grafi/GA-Grafik

Diesmal müssen wir am Ende ein bisschen psychologisch werden. Denn viele rheinische Redensarten sind nicht nur wörtlich zu verstehen, sondern auch im übertragenen Sinne. Und so verhält es sich auch mit dem Satz: „Do steiht hä puddelrüh.“

Bevor wir die hochdeutsche Übersetzung angehen, müssen wir die schwierigste Vokabel des Satzes übersetzen. Und das ist „puddelrüh“. Interessanterweise verweisen die Herkunftswörterbücher auf eine Verbindung zum Begriff „Pudel“, also einer Hunderasse. Das stellt uns vor eine Herausforderung, denn so direkt erschließt sich der Zusammenhang nicht.

Pudel bei der Jagd

Nun gibt es auch die Begriffsvarianten pudelnackt und pudelnass. Eine zielführende Erklärung findet sich im Wörterbuch „Wo kommt dat her?“ von Sprachforscher Peter Honnen. Der erinnert daran, dass „Pudel“ auch den Fehlwurf beim Kegeln bezeichnet, und zwar wenn die Kugel in die Rinne rollt.

Das Wort geht demnach auf das niederdeutsche pudeln oder puddeln zurück, das so viel bedeutet wie mit den Händen im Wasser plätschern. Daraus hat sich laut Sprachforschung auch der Rassename Pudel entwickelt, denn das Tier war ursprünglich zur Wasserjagd abgerichtet.

Und weil er dafür vom störenden Fell befreit wurde, bedeutet „puddelnackt“ oder im Rheinischen „puddelrüh“ so viel wie „total nackt“. Rüh ist die Dialektform von roh. Tatsächlich ist es eine philologische Verdopplung, weil hier die Bedeutung nackt in zwei Varianten hintereinander gehängt wird.

Nackt im Stadion

In der Begriffswelt des Kegelns ist die Rinne oder rheinisch:  Kalle assoziiert mit der Dachrinne, die regelmäßig Wasser führt. Und wenn die Kugel nun wie der Pudel ins Wasser geht, dann ist der Begriff schnell zur Hand. Fazit: Unser Satz heißt „da steht er total nackt!“ Und das kann im übertragenen Sinne bedeuten, dass sich jemand fühlt als stünde er ohne eine Faser Stoff am Leib in einem vollen Fußballstadion und würde von allen angestarrt.

Dieses Gefühl darf man als unangenehm bezeichnen, und es ist eine Bild dafür, dass man in eine Situation geraten kann, in der man hilflos und wehrlos den Blicken der anderen ausgesetzt ist. Dann steht man puddelrüh.

Weitere Kolumnen sind in dem Buch “Rheinisch für Fortgeschrittene” erschienen, Edition Lempertz. Haben Sie auch eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de

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