Sommerfest in Brüssel Ein Stück Rheinland hinter Glas

Brüssel · Die nordrhein-westfälische Vertretung hat sich nach zehn Jahren im Brüsseler Europaviertel etabliert. 29 Mitarbeiter arbeiten auf zweieinhalb Etagen des modernen Bürogebäudes. Beim Sommerfest "#brüsseldorf" wirbt OB Thomas Geisel für die Landeshauptstadt

 Gute Stimmung herrschte im Innenhof der NRW-Vertretung in Brüssel

Gute Stimmung herrschte im Innenhof der NRW-Vertretung in Brüssel

Foto: Rüdiger Franz

Einmal in Fahrt gekommen, scheint Thomas Geisel gar nicht mehr aufhören zu wollen, den Anwesenden von all den Vorzügen des internationalen, wirtschaftsfreundlichen, kulturaffinen, kreativen und natürlich sportorientierten Düsseldorf vorzuschwärmen.

Aber wer wollte es dem Oberbürgermeister übelnehmen? In gewisser Weise ist es ja auch „sein“ Abend. Mehrere hundert Gäste sind der Einladung unter dem lautmalerischen Motto „#brüsseldorf – Rheinisches Flair im Herzen Europas“ in die Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der EU gefolgt. Und so präsentiert sich die Landeshauptstadt nach allen Regeln der Kunst in dem Bürohaus im Brüsseler Europaviertel, in dem der Wind heute derart scharf durch die Straßenfluchten pfeift, dass die Veranstaltung kurzerhand von der Fahrbahn hinter die moderne Glasfassade verlegt worden ist.

Dort können sich die Gäste dann nicht nur von den Qualitäten Düsseldorfer Privatbrauereien und dem wirtschaftlichen Gewicht von Flughafen und Metropolregion Rheinland überzeugen. Auch der Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly ist mit von der Partie. Er hat – in transportfähigem Maßstab – zwei seiner Figuren mitgebracht.

An der Rue Montoyer 47 treffen die Gäste vom Rhein auf die übliche Atmosphäre an Brüsseler Abenden wie diesem: Sorgfältig vor allzu negativen Einflüssen wie Hunger und Durst geschützt, schlendern Politiker, Beamte, Unternehmensvertreter, Lobbyisten und Journalisten vorbei an den Konferenzräumen mit Namen wie „Heinrich Böll“, „Heinrich Heine“ und August Macke. Auch einen Beethoven-Saal gibt es – immerhin komponierte der, ohne es zu ahnen, die „Europahymne“. Kurz darauf vertiefen sich die Gespräche

Der Abend ist auch Beleg dafür, dass sich die Landesvertretung inmitten des Europaviertels der belgischen Hauptstadt zehn Jahre nach seiner Einweihung etabliert hat. Knapp 2000 Quadratmeter belegen die 29 Mitarbeiter in dem siebenstöckigen, modernen Bürogebäude in Sichtweite zum Europäischen Parlament. Zuvor hatten sich die Mitarbeiter auf insgesamt vier Gebäude im Stadtgebiet verteilt.

Zweieinhalb Millionen Euro Steuergeld setzte das Land vor einem Jahrzehnt ein, um die Vertretung des bevölkerungsreichsten Bundeslandes an einem zentralen Ort zu bündeln und das Gebäude zu diesen Zwecken auszubauen. Dies – und auch die rund 850 000 Euro Jahresmiete, die seitdem oben drauf kommen – rief nicht einmal den ansonsten so argwöhnischen Bund der Steuerzahler auf den Plan. Lediglich die „Bild“-Zeitung („So teuer waren die Events der NRW-Regierung“) listete vor wenigen Jahren einmal ausführlich wie süffisant auf, wofür in Brüssel wie viel Geld ausgegeben wurde: 68 565,53 Euro fürs Sommerfest, 16 422,96 Euro für die Matinee mit Hanna Schygulla – und 10 530,93 Euro für Weiberfastnacht. Kleiner Trost: Andere hatten da schon mehr Spott zu ertragen. Die Bayern zum Beispiel, deren Vertretung – mit Bierkeller und 300-Personen-Festsaal und Umbaukosten von 29,4 Millionen Euro – ihrer Opulenz wegen hinter vorgehaltener Hand den Beinamen „Schloss Neuwahnstein“ trägt.

Davon ist man 200 Meter weiter nicht nur baulich entfernt. Denn auch beim Düsseldorfer Stadtempfang geht es vergleichsweise bodenständig zu. Der Rennradsimulator mit Virtual-Reality-Brille gibt einen Vorgeschmack auf den Start der Tour de France, ein Kickertisch der Fortuna auf die nächste Zweitligasaison, und das Kulturamt der Stadt verteilt künstlerisch gestaltete Postkarten mit Motiven der Wehrhahn-Linie der U-Bahn. Untermalt wird das Ganze von den Sphärenklängen der Düsseldorfer Elektronik-Pioniere „Kraftwerk“, die am 1. Juli ein Konzert in Düsseldorf geben. Die Gäste sind zufrieden, und ein Lobbyist mit Düsseldorfer Wurzeln, dem im hiesigen Metier der Stallgeruch des 'alten Hasen' anhängt, sagt schmunzelnd beim Altbier: „Ach, weißt Du: Brüssel, das ist die westliche Fortsetzung des Rheinlands mit anderen Mitteln“.

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